12.06.2017
Der Kriegsbeginn 1967 in der Nahost-Presse: Euphorie überall
„Unsere Truppen dringen in Israel ein", titelte die ägyptische al-Akhbar am 6. Juni 1967, dazu eine Karte mit roten Pfeilen, die den angeblichen Einmarsch dokumentieren sollte. Die Maariv aus Israel schrieb dagegen: „Die IDF haben einen brillanten Sieg errungen." Grafik: Tobias Pietsch.
„Unsere Truppen dringen in Israel ein", titelte die ägyptische al-Akhbar am 6. Juni 1967, dazu eine Karte mit roten Pfeilen, die den angeblichen Einmarsch dokumentieren sollte. Die Maariv aus Israel schrieb dagegen: „Die IDF haben einen brillanten Sieg errungen." Grafik: Tobias Pietsch.

Siegessicher berichteten arabische Medien über den Beginn des Kriegs vor 50 Jahren – denn kaum jemand wusste, dass die arabischen Truppen zu dem Zeitpunkt schon so gut wie geschlagen waren. In Israel war die Presse dagegen voller Sarkasmus. Eine historische Pressseschau aus neun Ländern.

Dieser Text ist Teil einer Serie zum Krieg von 1967. Die Vorgeschichte zum Krieg findet Ihr unter diesem Link; wie der Krieg tatsächlich verlief (nämlich nicht so, wie es die arabischen Zeitungen hier berichten), steht hier. Alle Beiträge der Serie findet Ihr hier

Die Hoffnung auf die arabische Front

Am 5. Juni, dem Tag des Kriegbeginns, befasst sich Al-Hurriya, eine Wochenzeitung assoziiert mit der marxistisch-leninistischen Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas, mit der zionistischen Besatzung, die mit allen Mitteln bekämpft werden müsse. Die Bewegung würde seit dem frühen 19. Jahrhundert das Ziel verfolgen, die jüdische Jugend in Europa zur Auswanderung nach Palästina zu ermutigen, um das Land einzunehmen und seine Bevölkerung zu vertreiben.

In derselben Ausgabe berichtet Tala Selman, dass der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser den Zugang zum Golf von Aqaba versperrt hätte. Aus dieser historischen Aktion speist Selman die Hoffnung, dass sich die arabischen Fronten vereinen und die israelische Expansion auf arabischem Boden seit der Nakba (= Krieg von 1948/49, israelischer Unabhängigkeitskrieg) beenden würden. Den wahren Gegner für Menschen, die für ihre Freiheit kämpfen, sieht er jedoch in den USA und legt einen angeblichen israelisch-amerikanischen Plan offenbar, demnach die beiden Staaten die Kontrolle über die Ölproduktion im Nahen Osten erringen wollten.

Ägypten: „Unsere Truppen marschieren in Israel ein“

In Ägypten überschlugen sich am 6. Juni, dem ersten Tag nach Kriegsbeginn, die Erfolgsmeldungen von der Front. Diese Falschmeldungen gingen insbesondere auf die offiziellen Berichte der arabischen Heere zurück, deren Angaben die Presse übernahm oder im Original abdruckte. Al-Ahram etwa schreibt: „Die vom Oberkommando der Streitkräfte herausgegebenen Heeresberichte folgen dicht aufeinander und zeichnen ein lebendiges und bewegtes Bild von den Entwicklungen der Schlacht.“ Aufgrund dieser lebendingen, aber falschen Bilder berichten die Zeitungen nicht nur, dass die israelische Armee zurückgeschlagen worden sei – nein, Al-Akhbar etwa titelt in feuerroter Farbe: „Unsere Truppen marschieren in Israel ein“ und zitiert aus einem offiziellen Bericht: „Unsere gepanzerten Verbände sind heute Abend nach heftigen Kämpfen in die besetzten Gebiete Palästinas einmarschiert. Dies geschah, nachdem unsere Truppen den Angriff des Feindes stoppen konnten.“ In einer daneben abgebildeten Landkarte symbolisieren rote Pfeile diesen angeblichen Einmarsch. Al-Gumhuriya, ebenfalls aus Ägypten, lässt die Zeitungsleser gar glauben, dass die arabischen Truppen schon vor Tel Aviv stünden: „Der Krieg hat begonnen. Die entscheidende Schlacht findet jetzt innerhalb Israels statt. Auf der Erde des besetzten Palästinas. Israel hat eingestanden, dass die arabischen Kanonen die Hügel Tel Avivs dem Erdboden gleichmachen.“

Völlig falsche Zahlen

Insbesondere die Zahl der abgeschossenen israelischen Kampfflugzeuge haben die arabischen Medien maßlos übertrieben. Während tatsächlich die ägyptische Luftwaffe seit den frühen Morgenstunden größtenteils außer Gefecht war und israelische Flugzeuge den Luftraum im Kriegsgebiet weitgehend kontrollierten, meldet al-Ahram in einer Zusammenfassung der Ereignisse von der ägyptischen Front: „Der Feind verlor angesichts der Gegenwehr der ägyptischen Kampfflugzeuge und der Truppen der Flugabwehr gemäß dem letzten Militärbericht 115 Flugzeuge.“

Diese Zahlen führten denn auch zu großem Jubel in der Bevölkerung: „Um 10.30 Uhr waren die Volksmassen, die auf die Straßen geströmt waren, von den Berichten über den Abschuss israelischer Flugzeuge durch unsere Flugabwehr hellauf begeistert.“ Viele Zeitungen veröffentlichten daneben Fotos von den Leichen israelischer Kampfpiloten. Die kolportierten Zahlen entsprachen jedoch eher den Verlusten der Ägypter, deren Maschinen größtenteils kampflos auf den Startfeldern aufgerieben worden waren.

Syrien: „Die Stunde des Sieges schlägt nun den Feinden der Araber“

Der ursprüngliche Plan von Syriens Präsident al-Atasi hatte darauf abgezielt, einen Erfolg der anderen arabischen Armeen abzuwarten und erst dann einzugreifen. Von den vermeintlichen ägyptischen Erfolgen geblendet, ging das syrische Heer jedoch gleich zu Beginn des Krieges in eine begrenzte Offensive. Nach anfänglichen kleinen Erfolgen zog sich die Luftwaffe auf weit entfernte Basen zurück; eine geplante Bodenoffensive am zweiten Kriegstag wurde ob der heftigen Gegenwehr der ersten israelischen Siedlungen sofort abgeblasen. Doch ähnlich wie in Ägypten begleitete auch die syrische Presse das Geschehen mit überschwänglichen Erfolgsmeldungen, die zum größten Teil fiktiv waren.

Al-Gamahir Al-Arabiya druckt am 6. Juni die flammende Rede von Präsident al-Atasi ab, der Israel eine Niederlage prophezeit: „Söhne unseres stolzen arabischen Volkes! Kämpfer auf dem Weg der arabischen Ehre auf der Erde der Araber! Die Stunde des Sieges schlägt nun den Feinden der Araber. Die eingefallenen Zionisten, die sich mit dem internationalen Imperialismus verschworen haben, haben mit ihren eigenen Händen ihr Grab ausgehoben, als sie heute die arabische Erde der Vereinigten Arabischen Republik attackiert haben.“

Israel: „Einen brillanten Sieg errungen“

Auch in Israel war die Presse euphorisch: „Die Israel Defense Forces (IDF, israelische Armee) haben einen brillanten Sieg errungen“, berichtet die israelische Zeitung Maariv am 6. Juni 1967, und erzählt von Kriegsgefangenen und der Eroberung militärischer Waffen, darunter auch Panzer. Strategische Orte wie Rafah und Khan Younis in Gaza, der Stützpunkt Umm Katef und die Stadt al-Arish im Sinai und Sur Baher sowie Armon HaNatziv bei Ostjerusalem seien unter israelischer Kontrolle. Das Bombardement der Jordanier habe den ganzen Tag angehalten, aber die Moral der Jerusalemer sei gut. Schwierigkeiten bei der Essensverteilung werden erwartet.

Die Zeitung berichtet außerdem, dass die USA und Deutschland nicht eingreifen wollten, wie von Bundesaußenminister Willy Brandt bekräftigt („nicht eingreifen bedeutet aber nicht moralische Neutralität“), dass sich aber 600 Freiwillige bei der israelischen Botschaft in Bonn gemeldet hätten, die gerne Israel verteidigen wollten.

Als Kommentar schreibt ein Autor einen sarkastischen Brief an den ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser: „Unser lieber Gamal. Du wolltest sehen, wie wir ohne Frankreich und England kämpfen. Nun, bittesehr. Jetzt wollen wir sehen, wie Du Dich ohne die USA rettest (Du hast vielleicht schon von unserem großartigen diplomatischen Sieg gehört: Amerika ist nicht gegen uns, es ist neutral! Wir haben so ein Glück!) P.S.: Wenn Du uns schreiben möchtest, hier unsere Adresse: Al-Arish...!“ (Al-Arish ist eine Stadt auf dem Sinai).

„Um unsere Seelen zu retten“

Auch in der Zeitung Davar wird die Neutralität der USA missbillig betrachtet, ebenso wie das Embargo der Franzosen gegen alle Staaten im Nahen Osten. In Haifa habe es erste Bombenalarme gegeben, mit verschiedenen Maßnahmen habe man versucht, die gemischten Stadtviertel zu beruhigen. Eine Synagoge in Tunis sei in Brand gesteckt worden.

Im Kommentar schreibt die Zeitung: „Wir werden die Prüfung bestehen. Die israelischen Soldaten zogen gestern in einen Krieg, der uns aufgezwungen wurde. Sie zogen in den Krieg mit der wichtigsten Waffe der IDF, welche die Armeen Ägyptens, Jordaniens und Syriens nicht haben: Die tief verwurzelte Anerkennung in den Herzen der Offiziere und Soldaten, dass sie einen reinen Verteidigungskrieg führen, dass sie für die Existenz dieses Volkes kämpen und dass sie gewinnen müssen – nicht fürs Prestige oder für die Verschiebung der Grenzen oder für einen wirtschaftlichen Vorteil oder um über jemanden die Kontrolle zu gewinnen – sondern um unsere Seelen zu retten.“

Irak: „Den Boden wieder vom Dreck des Judentums reinigen“

Auch irakische Truppenkontingente waren in Jordanien stationiert – der Irak war direkt vor Kriegsbeginn noch dem ägyptisch-syrisch-jordanischen Bündnis beigetreten (mehr zu dem Bündnis im ersten Teil unseres historischen Abrisses). Doch sie spielten in den Kampfhandlungen kaum eine Rolle. Zum einen war etwa ein Drittel der Panzer wegen technischer Gebrechen nicht einsatzfähig, zum anderen wurden die meisten Einheiten schon auf dem Weg an die Front von israelischen Streitkräften aufgerieben. Einzig die irakische Luftwaffe konnte zu Beginn des Kriegs ihre jordanischen Kollegen unterstützen. Ihre Angriffe in Israel trafen ein Seniorenheim und eine Hühnerfarm. In der irakischen Zeitung al-Gumhuriya liest sich das am 6. Juni dann so: „Die Flugzeuge der irakischen Luftwaffe haben heute Morgen Luftangriffe auf den Flughafen bei Sirkin in den besetzten Gebieten ausgeführt. Sie konnten sieben Flugzeuge am Boden zerstören. Ebenso zerstörten sie die Flugabwehrkanonen.“  

Al-Akhbar meldet am 6. Juni, fernab von jeglicher Realität, dass irakische Panzerverbände in Israel eingerückt wären – lässt aber wohlweislich jegliche Details aus: „Unsere Panzertruppen sind in Israel einmarschiert, nachdem sie eine ganze Infanteriebrigade und eine Gruppe von Panzern des Feindes vernichtet haben. Als sie das besetzte Palästina betraten, begann der Feind zurückzuweichen und brachte seine Männer mit Helikoptern weg.“

Auf Grundlage dieser Falschmeldungen prophezeit al-Gumhuriya Israel zum Kriegsausbruch dasselbe Schicksal wie den ehemaligen Kolonialmächten im Nahen Osten, vereint mit heftigstem Judenhass: „Die Herzen der Araber haben diesen heiligen Krieg herbeigesehnt, seit die Kolonialstaaten die arabische Erde Palästinas geraubt und ihr den widerlichen israelischen Krebs eingepflanzt haben. Das einzige, was Israel in den arabischen Ländern finden wird, ist der schrecklichste aller Tode – genauso wie seine Vorgänger. Dieser heilige Krieg soll die Feinde Gottes und die Feinde der Menschheit von diesem Boden fegen, der rein war, als er erschaffen wurde, und wieder rein werden soll vom Dreck des Judentums.“

Anders als in vielen anderen arabischen Staaten finden sich in der irakischen Presse auch Verfügungen über unangenehme Kriegsmaßnahmen, wie zum Beispiel ein von Präsident Arif persönlich verhängtes Demonstrationsverbot in Al-Akhbar: „Aufgrund der großen Herausforderungen, der sich die Arabische Nation angesichts der Provokationen des Imperialismus und seines Ziehkinds Israel stellen muss (...), rufen wir das edelmütige irakische Volk auf, Ruhe zu bewahren. (...) Hiermit verbieten wir alle Demonstrationen und Versammlungen im gesamten Irak.“ An anderer Stelle finden sich zudem umfassende Beschränkungen der Presse: „Zeitungen, Magazine und Bücher sowie alle Veröffentlichungen, Flugzettel, Fotos und Filmaufnahmen unterstehen der Zensur. Es ist verboten, sie ohne Begutachtung (...) zu veröffentlichen.“

Libanon: „Die verrückten Spekulationen Israels sind widerlegt“

Ähnliche Maßnahmen hat auch der Libanon ergriffen – darüber informiert der L'Orient le Jour am 6. Juni. Und in den Folgetagen findet man in der Zeitung immer wieder Berichte über den Krieg, in denen auf einmal weiße Felder auftauchen und anstelle von Text das Wort „Zensur“ steht.

   Alsharq

Am ersten Tag musste offenbar noch nichts zensiert werden – die Presse ist ohnehin sehr positiv gestimmt auf der Basis der ägyptischen Militärberichte, wenn auch etwas neutraler als die anderen arabischen Zeitungen: Insgesamt habe Israel am ersten Kriegstag 169 Flugzeuge verloren – darunter auch zwei durch den Libanon, nachdem israelische Flugzeuge in den libanesischen Luftraum eingedrungen seien.

Im Leitartikel unter der Überschrift „Die Herausforderung“ heißt es: „Die arabische Einigkeit, von Rabat bis Dschidda, widerlegt die verrückten Spekulationen Israels und seiner Freunde. Die libanesische Einigkeit, die sich während der ersten Stunden der Krise offenbart hat und die seit Beginn der Feindseligkeiten gestern konsolidiert ist, bezeugt unser tiefes Bewusstsein einer Gefahr, gegen die alle Energien mobilisiert werden müssen. Jetzt ist nicht die Zeit für Gerede und hohle Phrasen. Die Armeen kämpfen. Menschenleben werden geopfert für den Triumph des Rechts. Während er die Sache der palästinensischen Gerechtigkeit verteidigt, kämpft der Libanon für seine eigene Existenz.“

Saudi-Arabien: „Schlacht um das Schicksal der Araber“

Auch in Saudi-Arabien haben die Journalisten am 6. Juni 1967 keine Hemmungen, die politische Bedeutung des Geschehens rhetorisch aufzublasen. „Der Beginn der Entscheidungsschlacht“, titelt Al-Bilad, eine der ältesten Zeitungen des Königreichs, und ähnlich verkündet die zu diesem Zeitpunkt erst einige Jahre junge Ar-Riyadh von der „Schlacht um das Schicksal der Araber“. Es scheint kein Zweifel daran zu herrschen, dass dieser Krieg zur Vertreibung der „Zionisten“ und Befreiung Palästinas führen wird.

Die Berichterstattung beider Zeitungen trieft dabei nicht nur von Optimismus mit Blick auf den Ausgang des Kriegs, sondern auch von Euphorie angesichts des neu erwachten panarabischen Patriotismus. Al-Bilad veröffentlicht einen Brief des saudischen Königs Faisal, der zum Kampf gegen die „Truppen des Teufels“ aufruft und die Bevölkerung dazu ermutigt, eine „arabische Einheit“ gegen die Bedrohung durch die Zionisten und Kolonialherren zu bilden.

In kurzen Berichten kann man den bisherigen „überwältigenden“ (Ar-Riyadh) Erfolgen der arabischen Armeen folgen und erfährt von den Reaktionen verschiedener arabischer Staaten, die alle die „heimtückische Aggression der Zionisten“, wie Ar-Riyadh es ausdrückt, gegen Ägypten verurteilen und teilweise zum Kampf gegen jene aufrüsten. Ja, die vereinte Schlagkraft der arabischen Nationen sei so groß, dass die USA und Großbritannien angesichts dessen in eine Position der Neutralität abgedrängt worden seien.

Auch religiöser Rhetorik wird sich reichlich bedient, um den Krieg in einem möglichst strahlenden Licht darzustellen. Ar-Riyadh schreibt: „Die arabischen Nationen beginnen ihren heiligen Marsch nach Palästina“. Al-Bilad veröffentlicht sogar einen Kommentar, der den Begriff „Jihad“ zwar nicht direkt in den Mund nimmt, jedoch vom Krieg als „soziale[r] Notwendigkeit“ spricht und dazu aufruft, all jene zu bekämpfen, die sich gegen den Islam stellten – egal wo auf der Welt.

Kuwait: „Israels Ende in Feuer und Eisen“

Ähnlich religiös geht es auch in Kuwait zu: „Die heiligen Truppen marschieren und schreiben Israels Ende in Feuer und Eisen“, titelt Al-Ra’i Al-ʿAm euphorisch am 6. Juni. Wenige Stunden nach dem Angriff der „Zionisten“ hätte sich die arabische Armee in Bewegung gesetzt. Unter dem Titel „So hat das Ende Israels begonnen“ und an vielen weiteren Stellen werden die bisherigen Erfolge dieser arabischen Armee verkündet. Außerdem verkündet der kuwaitische Emir in einem offenen Brief: „Wir werden all unsere Energie in diesen Krieg fließen lassen“, und ruft zugleich die Menschen in Kuwait auf, sich für den Krieg – wortwörtlich für die „Erlösung“ – bereit zu machen.

Tunesien: Israel initiiert einen „totalen Krieg“

Ausbruch der Schlacht um Palästina – ägyptische, jordanische, syrische und irakische Streitkräfte wehren sich entschlossen und stark gegen die israelische Aggression“, titelt die tunesische Tageszeitung Al-Amal selbstbewusst. Zentraler Bestandteil der Berichterstattung im Organ der damals regierenden Einheitspartei Sozialistische Destur-Partei ist eine Wiedergabe der Erklärung von Präsident Bourguiba vom Vortag. Der gelobt, Tunesien werde „seinen Brüdern“ bei ihrem „Kampf für Recht, Gerechtigkeit und echten Frieden“ zur Seite stehen. Das sei weder „religiöser oder rassistischer Fanatismus“ noch „Judenhass“, sondern leite sich vielmehr aus „Prinzipien und Werten“ ab. Bourguiba wolle „die Schlacht zur Befreiung Palästinas“ im Rahmen der eigenen Möglichkeiten unterstützen. Denn sich für „den rechtmäßigen Anspruch eines machtlosen Volkes“ einzusetzen, sei für Tunesien „eine Pflicht“.

Auch in dem französischsprachigen Pendant der Zeitung gibt man sich anfänglich stark. „Arabische Streitkräfte antworten massiv auf die israelische Aggression – die Kämpfe wüten an allen Fronten“, lautet die Schlagzeile der L'Action, wobei sich die Berichterstattung vor allem auf israelische Verluste konzentriert. Auch der Leitartikel von Moncef Jaafar denunziert Israel als „Aggressor“: Zum zweiten Mal initiiere Israel einen „totalen Krieg“ gegen die arabischen Staaten, um den Status Quo zu eigenen Gunsten zu verändern. Doch dieses Mal solle alles anders werden, schließlich stoße Israel auf „eine geschlossene, unbeugsame Front von attackierten Staaten“.

Algerien: „Das ganze Volk ist in der heiligen Schlacht engagiert“

Die ganze arabische Nation ist mobilisiert, um Palästina zu befreien“, titelt in Algerien die Zeitung der Einheitspartei FLN, el Moudjahid. „Die gestern früh von den Zionisten ausgelöste Aggression gegen die arabische Nation ist auf einen rasenden Gegenschlag gestoßen, in einer ebenso kräftigen wie auch koordinierten Aktion. Nicht nur wurden die aggressiven israelischen Truppen zurückgeworfen, nun findet der Kampf auf besetzter palästinensischer Erde statt, wo die totale Befreiung siegreich begonnen wurde.“

Eine Gruppe algerischer Soldaten verließ auch prompt am 5. Juni das Land, berichtet die Zeitung, um an der Front zu kämpfen. Präsident Boumediène (oder auch „Bruder Boumediène“, wie es im guten sozialistischen Duktus heißt), verabschiedete sie mit den Worten: „Gewinnen oder sterben für die Freiheit des kompletten arabischen Vaterlandes.“ Es wird auch von Massendemonstrationen in Algier berichtet. Somit, so die Zeitung, ist „das algerische Volk vollständig in der heiligen Schlacht engagiert, mit der ganzen arabischen Nation, entschlossen, ein für alle Male die imperialistische Bastion Israel zu vernichten.“

 

Im nächsten Teil berichten wir, wie die Medien im Nahen Osten über den weiteren Kriegsverlauf und das Ende berichteten, wie sich die arabischen Medien angesichts der vollständigen Niederlage ihrer Truppen auf die „große Lüge“ gestürzt haben und Gamal Abdel Nasser zum Bleiben bewegten.

Eins noch: An diesem Text haben acht Menschen in sechs Ländern mehrere Tage lang zusammengearbeitet. Ein größerer Aufwand wurde bisher selten für einen Alsharq-Beitrag betrieben. Aber es hat irre Spaß gemacht.

Sein Journalistik-Studium führte Bodo vor einigen Jahren in den Libanon. Es folgten viele weitere Aufenthalte im Libanon und in anderen Ländern der Levante, auch als Reiseleiter für Alsharq REISE. Bodo hat einen Master in Politik und Wirtschaft des Nahen und Mittleren Ostens in Marburg und arbeitet heute als Journalist, meist für die Badischen...
Artikel von Diana Beck, Mariam Eichbüchler, Maximilian Ellebrecht, Doron Gilad, Patrick Manolli, Laura Overmeyer, Thomas Wittek