Angesichts der Ereignisse in Palästina und Israel seit dem Wochenende empfinden wir tiefe Trauer und Hilflosigkeit. Bei d:o setzen wir uns fortlaufend mit dem Israel-Palästina-Konflikt auseinander und bemühen uns um differenzierte und diverse Berichterstattung. Auch in Zeiten wie diesen bleiben wir unseren Grundsätzen treu und wollen die sich derzeit überschlagenden Ereignisse vorerst aufmerksam beobachten. Parallel werden wir versuchen, historische Kontexte und geopolitische Zusammenhänge zu erklären. Wir wollen zu einem differenzierten Dialog beitragen, den wir in den deutschen Leitmedien derzeit nicht abgebildet sehen.
Wenngleich es eine völkerrechtliche Grundlage für den palästinensischen Widerstand geben mag, ist die Form des Widerstandes, für den sich eine Partei entscheidet, von Bedeutung. Die Angriffe der Hamas gegen israelische Zivilpersonen, Jüdinnen und Juden genauso wie arabische Israelis, sowie Geiselnahmen verurteilen wir vehement. Ebenso scharf kritisieren wir die Vergeltungsschläge, die der Staat Israel derzeit auf palästinensische Zivilpersonen in Gaza ausübt sowie die von Israel angekündigte Totalblockade Gazas. Diese würde Zivilpersonen vom Zugang zu Wasser, Lebensmitteln, Strom und Benzin abschneiden.
Es gibt multiple Faktoren, die die Gewaltspirale seit geraumer Zeit begünstigen. Israel besetzt seit 1967 völkerrechtswidrig die palästinensischen Gebiete. Zahlreiche Checkpoints im Westjordanland behindern die Bewegungsfreiheit der Palästinenser:innen. Die fortschreitende, völkerrechtswidrige Siedlungspolitik hat in letzter Zeit vermehrt zu Attacken auf Palästinenser:innen geführt. Die Siedler:innen werden durch israelische Soldat:innen geschützt und nach Zivilrecht bestraft, während für Palästinenser:innen das Militärrecht gilt. Es kommt so gut wie nie zu Strafen für Siedler:innen. Rund 1.000 Palästinenser:innen sitzen ohne Anklage in israelischen Gefängnissen, in der sogenannten Administrativhaft. Gaza wird seit der Übernahme der Hamas 2007 von allen Seiten abgeriegelt: Luft-, See- und Landesgrenzen unterliegen einer Blockade durch Israel. Es gibt kaum Hinein- und Herauskommen. Die humanitäre Lage in Gaza gilt bereits seit Langem als kritisch.
Die seit Ende 2022 amtierende israelische Regierung steht so weit rechts wie noch keine vor ihr. Mit dem rechts-religiösen Regierungsbündnis, das der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geschlossen hat, zogen rechtsextreme Siedler:innen wie Itamar Ben-Gvir, Bezalel Smotrich oder Orit Strock als Abgeordnete in die Knesset. Immer wieder kam es seitdem zu verbalen Provokationen seitens der Regierung gegenüber Palästinenser:innen. Die angekündigte Justizreform in Israel, die die Einschränkung der Rechte des Obersten Gerichts vorsah, hatte zudem innerhalb von Israel zu wochenlangen Protesten und einer Spaltung im Land geführt.
Wir hoffen auf ein schnelles Ende der Kampfhandlungen und ein baldiges Ende der Besatzung, welches notwendig ist, um die Gewalteskalationen und menschlichen Verluste auf beiden Seiten zu beenden. Wir rufen alle dazu auf, innezuhalten, verschiedene Perspektiven kennenzulernen und bei den Fakten zu bleiben. Unser Mitgefühl richtet sich an alle direkt Betroffenen und all jene, die Familie und Freunde verloren haben oder um ihre Sicherheit bangen müssen.
#westandwithpeace