Nachdem etliche Menschen für die anstehenden Präsidentschaftswahlen in Iran kandidiert hatten, lies der Wächterrat sechs Kandidaten zu. Dazu zählen der aktuelle Präsident, sein Vize sowie Teherans Bürgermeister. Sufi Farhang stellt zehn Tage vor den Wahlen die aussichtsreichsten Kandidaten vor.
Hassan Rohani
Der größte Erfolg von Rohanis Präsidentschaft dürfte das Nuklearabkommen sein. Damit ist es Iran gelungen, Sanktionen gegen das Land aufzuheben und die Beziehungen mit dem Westen zu verbessern. Rohani selbst hat dazu gesagt, dass das Abkommen gar einen neuen Krieg im Nahen und Mittleren Osten verhindert habe. Auch preist er das Abkommen als Wirtschaftsspritze. Seine Kritiker dagegen sagen, Rohani überschätze die Bedeutung des Deals. Im Unterschied zu wohlhabenden Geschäftsmännern würde sich dadurch am Leben der meisten Menschen nämlich nichts ändern.
Ein weiteres Versprechen aus dem vergangenen Wahlkampf von 2013 war, den Hausarrest der Anführer des „Green movement“aufzuheben. Doch bereits kurz nach seiner Wahl musste Rohani zugeben, dass dieses Versprechen unmöglich zu erfüllen sei. Denn ohne die Unterstützung des Obersten Religionsführers Ali Khamenei hat Rohani keine Befugnisse, eine solche Entscheidung zu fällen.
Rohani drittes Versprechen galt der Bekämpfung der Inflation. Diese ist in den vergangenen Jahren tatsächlich von 40 auf sieben Prozent gefallen. Doch die Rezession und die hohe Arbeitslosigkeit bleiben weiterhin große Probleme. Sie stellen daher auch die größte Gefahr für Rohanis Wiederwahl dar. Rohani dagegen betont, dass er noch mehr Zeit brauche, um seine Versprechen und Projekte umzusehen. Alle anderen Kandidaten seien außerdem eine noch größere Bedrohung für die Sicherheit und Menschenrechtssituation im Land.
Mohammad Bagher Ghalibaf
Ghalibaf, regierender Bürgermeister Teherans und ehemaliger Polizeichef, hat bereits 2005 und 2013 an den Präsidentschaftswahlen teilgenommen, aber in beiden Fällen verloren. Dieses Jahr hatte er zunächst ein Manifest veröffentlicht, in dem er ankündigte, nicht wieder für die Wahlen anzutreten und lieber weiter Bürgermeister bleiben zu wollen. Nichtsdestotrotz hatte er seine Kandidatur kurz darauf doch eingereicht, weshalb ihn einige Kommentaren der Lüge bezichtigten.
Während seiner Zeit als Teheraner Bürgermeister hat Ghalibaf eine lange Liste umstrittener Projekte zu verantworten. Diese Projekte waren meist sehr teuer, stellten sich aber bald als ungeeignet für die Probleme der Hauptstadt des Iran heraus. Zu den umstrittensten Projekten zählt zum Beispiel der Bau des Sadr Highways. Anstelle einer weiteren Autobahn für die verstopften Straßen Teherans, so argumentieren Kritiker, hätte Ghalibaf lieber in den öffentlichen Nahverkehr investieren sollen.
Ghalibaf wird außerdem vorgeworfen, Stadträte bestochen zu haben, in dem er ihnen preisgünstige Grundstücke in bester Lage vermachte. Der verantwortliche Redakteur der unabhängigen Webseite, die diese Nachricht verbreitete, wurde anschließend kurzerhand festgenommen.
Ein weiterer, besonders tragischer Vorfall ereignete sich diesen Januar mit dem Einsturz des Plasco Gebäudes. Dieses Gebäude war eines der ersten Hochhäuser im Land und wurde vor der Islamischen Revolution 1979 errichtet. Der Einsturz des Gebäudes hat auch Ghalibafs Karriere einen großen Schaden zugefügt: Er war nicht in der Lage, die Krise zu bewältigen. So kam es zu zahlreichen Opfern, darunter auch 16 Feuerwehrmänner, die in den Flammen ums Leben kamen. Während es insgesamt eine Woche dauerte, die Feuer unter Kontrolle zu bringen, wurde der Stadtverwaltung vorgeworfen, die Feuerwehr nicht ausreichend finanziert und unterstützt zu haben.
Ebrahim Raisi
Den Namen Ebrahim Raisi haben viele Iranerinnen und Iraner erst 2016 zu hören bekommen. Vergangenes Jahr nämlich wurde ein Audio-Mitschnitt veröffentlicht, der Raisis Mittäterschaft bei der Hinrichtung tausender politischer Gefangener im Jahre 1988 aufdeckt. Obwohl angesichts einer solchen Nachricht kaum jemand damit rechnete, gab Raisi dennoch seine Kandidatur für den Popular Front of the Islamic Revolution Forces.
Raisi steht der Astan Quds Razavi vor, einer der reichsten religiösen Stiftungen des Landes (in Iran setzt sie jährlich 210 Milliarden US-Dollar um). Auf diese Position wurde er von Ali Khamenei höchstpersönlich berufen. Zuvor war er bereits in anderen staatlichen Behörden und als Stellvertreter des Präsidenten des obersten Gerichtshofes tätig.
Obwohl seine genauen Pläne unklar sind, macht Raisi hauptsächlich Versprechungen. So möchte er durch staatliche Subventionen fünf Millionen Arbeitsplätze schaffen. Dabei versucht Raisi insbesondere, die Stimmen der ärmeren und benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu gewinnen. Die Mittelschicht dagegen fürchtet ihn als Hardliner, der vor Menschenrechtsverletzungen nicht zurück schreckt. Auch seine Slogans erinnern regelmäßig an den ehemaligen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad.
Eshaq Jahangiri
Eshaq Jahangiri ist Rohanis Vizepräsident. Zuvor war Jahanigiri bereits Industrieminister unter Präsident Mohammad Khatami. Dass er sich dieses Jahr zur Präsidentenwahl angemeldet hat, war für Viele eine Überraschung. Denn es hieß noch bis vor kurzem, dass die sogenannten Reformer mit Rohani nur einen Kandidaten ins Rennen schicken würden.
Die meisten Experten erwarten daher, dass Jahangiri zum Ende des Wahlkampfs noch zugunsten Rohanis abtreten wird. Bis dahin soll er den amtierenden Präsidenten gegen konservative Kandidaten beschützen. Dabei soll er etwas angriffslustiger agieren als Rohani selbst.