Im Juni wird in Iran ein neuer Präsident gewählt. Nur scheint das die Bevölkerung kaum zu interessieren. Denn egal für wen sich die Mehrheit entscheidet, an den politischen Verhältnissen wird sich wenig ändern, kommentiert Omid Rezaee.
Die Staatsmedien in der Islamischen Republik sind dieser Tage voller Eilnachrichten und Analysen zu den 13. Präsidentschaftswahlen Irans, die am 18. Juni dieses Jahres stattfinden. Seit dem 11. Mai dürfen sich Politiker (in seltenen Fällen auch Politikerinnen) im Innenministerium als Kandidat:in anmelden. Tagtäglich berichten die Medien, wer seitdem im Innenministerium ein- und ausgeht.
Die bisher wichtigste Figur im Rennen um das Amt ist Ebrahim Raisi. Der oberste Richter und damit
Auch Ex-Präsident Mahmoud Ahmadinejad (2005-2013) meldete sich am 12. Mai im Innenministerium als Präsidentschaftskandidat an. Allerdings hatte der Wächterrat seine Kandidatur vor vier Jahren nicht zugelassen und es ist unwahrscheinlich, dass es dieses Jahr anders sein wird.
Im sogenannten Reformflügel ist man offenbar noch auf der Suche nach einem passenden Kandidaten, der sowohl zur Wahl zugelassen würde wie auch öffentliche Unterstützung gewinnen könnte
Die Bevölkerung interessiert es kaum
Die Unentschlossenheit der
Dabei unterhalten sich Iraner:innen in ihrem Alltag eigentlich gerne und angeregt über Politik – in sozialen Medien, auf Familientreffen, im Bus oder im Taxi etwa. Doch einen Monat vor der Präsidentschaftswahl spricht man lieber über die Corona-Krise, die schlechte Wirtschaftslage, Außenpolitik oder darüber, dass es die Social-Network-App Clubhouse nun auch für Android gibt, als sich darüber auszutauschen, wer das Land in den nächsten vier Jahren regieren wird.
Nach einer
Leere Versprechen
Bei den Wahlen 2009,
Früher gaben Iraner:innen einem Präsidentschaftskandidaten ihre Stimme, weil sie hofften, dass dieser das Land zum Positiven verändern könnte. So zum Beispiel im Fall von Präsident Rohani: Zu dessen Wahlversprechen gehörten, die Korruption bekämpfen, Pressefreiheit garantieren und die Menschenrechtslage verbessern. Zwei Amtszeiten später lässt sich jedoch konstatieren: Er hat keines dieser Ziele erreicht. Die staatlichen Wirtschaftsinstitutionen sprechen von einer 40-prozentigen Inflationsrate in der
Die wirtschaftliche Misere der letzten Jahre, Korruption und zunehmende Menschenrechtsverletzungen sind nichts neues. Doch wo Präsidentschaftswahlen früher als Möglichkeit betrachtet wurden, jemanden zu wählen, der gegen diese Probleme vorgehen kann, gehen die Menschen heute resigniert davon aus, dass ihre Stimme wohl zu keiner Verbesserung führen wird – egal welcher Kandidat am Ende gewinnt.
Wahlverlierer werden zu den wahren Gewinnern
Die Wähler:innen hatten Rohani mit deutlicher Mehrheit gewählt und mit ihren Stimmen so dessen Gegenkandidaten Mohammad Bagher Ghalibaf 2013 und Ebrahim Raisi 2017 eine klare Absage erteilt. Doch auch wenn sowohl Ghalibaf als auch Raisi die Wahlen deutlich verloren hatten
Dass gerade diejenigen, die bei den Präsidentschaftswahlen verloren hatten, anschließend auf Anweisung des „Obersten
Kaum Gestaltungsspielraum
Auch außenpolitisch wird der künftige Präsident keinen Gestaltungsspielraum haben. Theoretisch untersteht ihm als Präsident der Regierung auch das Außenministerium. Doch de facto wird die Außenpolitik überhaupt nicht von diesem Ministerium gestaltet, wie kürzlich noch einmal deutlich wurde: In einer geleakten Audiodatei sagte Außenminister Javad Sarif, in der Islamischen Republik stehe die Außenpolitik im Dienste der Revolutionsgarde und nicht umgekehrt. Die Kommandeure der Revolutionsgarde werden direkt vom „Obersten Führer“ ernannt und nicht von der Regierung. Sarif warf dem, von den USA ermordeten Kommandeur der Quds-Brigade Ghasem Soleimani vor, er habe die Politik der Regierung und des Außenministeriums mithilfe Russlands sabotieren wollen.
Der iranischen Gesellschaft ist inzwischen bewusst, dass die Außenpolitik für die Wirtschaftslage eine bedeutende Rolle spielt. Sie spüren die wirtschaftlichen Konsequenzen der schlechten Beziehungen mit den USA, der Konflikte in der Region, des Atomstreits und der Sanktionen gegen Iran. Wenn die Beteiligung an den Wahlen keinen Einfluss auf diese Politik nimmt, dann bleibt man lieber Zuhause und trägt zumindest nicht dazu bei, dass das Islamische Regime die hohe Wahlbeteiligung nach außen als Zeichen ihrer Legitimität kommunizieren kann.
Warum dann noch wählen?
Welchen Sinn hat wählen, wenn die Wahlverlierer früher oder später dennoch in nicht direkt von der Bevölkerung gewählten Machtzentren des Landes landen? Was nützt die Wahl eines Präsidenten, wenn die Gegenkandidaten trotz Wahlniederlage dazu in der Lage sind, die Politik des Gewinners zu blockieren?
Für die Islamische Republik, die traditionell die hohe Wahlbeteiligung als Nachweis ihrer Popularität verkauft, wird eine Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent der Anfang einer neuen Epoche sein. Doch auch für Kritiker:innen und die Opposition bedeutet die anstehende Präsidentschaftswahl eine Zäsur – sie wollen ihre Hoffnung künftig nicht mehr auf Wahlen setzen. Wer auch immer das Amt des Präsidenten am Ende bekleiden mag, letztendlich wird er bloß ein machtloser Diener der vom „Obersten Führer
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