30.06.2007
Tony Blair und der Nahe Osten

Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair wird also neuer Sondergesandter des so genannten Nahost-Quartetts, bestehend aus den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten und Rußland. Blairs Vorgänger auf diesem Posten, James Wolfensohn, war zum 30.April 2006 von seinem Amt zurückgetreten, frustriert über die Weigerung der Hamas, den Staat Israel anzuerkennen, enttäuscht über den fortgesetzten Ausbau israelischer Siedlungen im Westjordanland. Seit über einem Jahr also war der Posten des Sondergesandten vakant.

Mit Tony Blair übernimmt nun ein Mann den Posten, dessen Nahost-Politik bislang von wenig Fortune gesegnet war. Unter seiner Regierung führte Großbritannien an der Seite der USA Krieg gegen das Saddam-Regime im Irak. Zuvor hatte der britische Premier die Weltöffentlichkeit über die Gründe für den Irak-Feldzug belogen und die Gefahr die vom Irak ausginge, drastisch übertrieben - oder wie es ein hochrangiger britischer Beamter ausdrückte: "sexed up".

In einem am 24.September 2002 von der britischen Regierung vorgelegten Dossier wurde unter anderem fälschlicherweise behauptet, das Saddam-Regime habe sich in Afrika um den Kauf "waffenfähigen Urans" bemüht. In seinem Vorwort zu dem September-Dossier schrieb Tony Blair: "Dieses Dokument enthüllt, dass einige der irakischen Massenvernichtungswaffen innerhalb von 45 Minuten eingesetzt werden können." Nach dem Sturz Saddams wurden im Irak keine Massenvernichtungswaffen gefunden.

Zwar gelang es der so genannten "Koalition der Willigen" innerhalb weniger Wochen mit Saddam Hussein einen der blutigsten Diktatoren des Nahen Ostens zu stürzen, seither regieren jedoch Terror und Rechtlosigkeit weite Teile des Zweistromlands. Weder die amerikanischen noch die britischen Truppen sind bislang in der Lage Ordnung und Sicherheit im Irak herzustellen. Mehrere hunderttausend irakische Zivilisten kamen seither durch Anschläge oder Kampfhandlungen uns Leben.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars, Antonio Guterres, sind in den vergangenen vier Jahren 2 Millionen Iraker aus ihrem Land geflohen, das sind etwa 8% der Bevölkerung. Hinzu kommen etwa 1,7 Millionen Binnenflüchtlinge. Vor diesem Hintergrund darf man die Irak-Politik Tony Blairs getrost als gescheitert betrachten, am Schicksal dieser Menschen trägt er Mitschuld. Für einen Ausweg aus der gegenwärtigen katastrophalen Lage im Irak fehlt ihm genauso wie George Bush eine Strategie.

Ob es Blair in seinem neuen Amt gelingt, den festgefahrenen Friedensprozess im Palästina-Konflikt neu in Gang zu bringen, ist mehr als fraglich. Israels Regierung und der Chef der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas haben die Ernennung begrüßt. Gerade die israelische Seite hätte sich kaum einen anderen Mann auf dem Posten wünschen können, der dem jüdischen Staat freundlicher gesonnen wäre. Als Kritiker der israelischen Politik ist Blair bislang jedenfalls nicht in Erscheinung getreten. Während des gescheiterten israelischen Feldzuges gegen die Hizbollah im vergangenen Jahr war Blair einer der Hauptgegner eines frühzeitigen Waffenstillstands, der hunderten libanesischen Zivilisten das Leben hätte retten können.

Schon kurz nach seinem Beitritt zur Labour-Party wurde Tony Blair Mitglied der "Labour Friends of Israel". Michael Levy, der als britischer Jude für Labour im House of Lords sitzt und eine Zeit lang Blairs Nahostbotschafter war, bezeichnet sich selbst als einen "führenden internationalen Zionisten" und gilt als einer der wichtigsten Berater Blairs.

Im Jahre 2004 attackierten 52 ehemalige britische Diplomaten, darunter auch die Ex-Botschafter in Bagdad und Tel Aviv, in einer gemeinsamen Erklärung Blairs Position im Israel-Palästina-Konflikt. Der Premier unterstütze bedingungslos eine israelische Politik die "zum Scheitern verurteilt" sei. Ausdrücklich bezogen sich die Diplomaten auf Blairs Unterstützung für israelische Pläne zur Erhaltung israelischer Siedlungen im Westjordanland.

In der Erklärung von damals hieß es: "Unsere Bestürzung über diesen rückwärtsgewandten Schritt wird durch die Tatsache gesteigert, dass Sie selbst ihn gutzuheißen scheinen. Dadurch geben Sie die Prinzipien auf, die für fast vier Jahrzehnte die internationalen Bemühungen um eine Wiederherstellung des Friedens im Heiligen Land geleitet haben."