28.09.2007
Streiks und Proteste in Ägypten

Ägyptens Staatsführung sieht sich gleich an mehreren Fronten Protesten ihrer Bürger gegenüber, die sich staatlicher Willkür, Gängelung und Misswirtschaft erwehren. Zum einen halten seit vergangenem Sonntag mehrere tausend Arbeiter eine der größten Textil-Fabriken Ägyptens, die "Misr Spinning and Weaving Company" in Al-Mahalla Al-Kubra in Nordägypten besetzt. Sie protestieren damit gegen schlechte Arbeitsbedingungen und ausbleibende Löhne. Der Streik ist schon jetzt einer der größten Arbeitnehmerproteste in der Amtszeit von Staatspräsident Hosni Mubarak. Mehrere mutmaßliche Streikführer wurden am Montag von der Polizei festgenommen.

Im Kern geht es um nicht erfüllte Forderungen der Unternehmensführung. Diese hatte den 27000 Textilarbeitern im vergangenen Jahr eine Bonuszahlung versprochen, sollte der Gewinn des staatseigenen Unternehmens mehr als umgerechnet 7,5 Millionen Euro betragen. Tatsächlich erwirtschaftete die Fabrik nach Arbeitnehmerangaben mehr als 25 Millionen Euro Gewinn. Die Arbeiter warten jedoch bis heute auf die Auszahlung der versprochenen Bonuszahlungen in Höhe von knapp 20 Euro pro Person.

Nun fordern sie die Absetzung der Unternehmensführung unter Präsident Muhib Salah al-Din, sowie der Vertreter der staatlichen Gewerkschaft, die sich nicht genügend für die Rechte der Arbeiter eingesetzt hätten. Staatdessen sei das Geld in den Fußballverein des Textilwerks, "Ghazl al-Mehalla", und den Bau eines neuen Stadions geflossen.

Der Durchschnittslohn der Arbeiter in Al-Mahalla al-Kubra beträgt eigenen Angaben nach weniger als 2 Euro pro Tag, in Europa oder den USA werden die in Ägypten hergestellten Textilien für ein Vielfaches dessen verkauft. Gleichwohl bestreiten Fabrikführung und Regierung, die von den Arbeitern vorgelegten Zahlen über die Unternehmensprofite und Arbeitsministerin Aisha Abdel-Hady erklärte gegenüber "al-Ahram Weekly" das Vorgehen der Arbeiter für "ungesetzlich". Diese bemühren sich ihrerseits darum, sich von keiner politischen Bewegung vereinnahmen zu lassen, schon gar nicht von den Muslimbrüdern. Unter diesem Vorwand könnte die Regierung dem Streik nämlich schnell mit drastischen Mitteln ein Ende bereiten.

Ganz anderen Schikanen seitens des ägyptischen Regimes sehen sich die Vertreter unabhängiger Medien gegenüber. In den vergangenen Wochen sind die Herausgeber der Tageszeitungen ""al-Dustur", "al-Fagr", "Sawt al-Umma" und "al-Karama" zu Haft- und Geldstrafen verurteilt worden. Das Gericht verurteilte sie wegen "Angriffen auf die regierende Partei", die geneigt seien deren führende Köpfe, allen voran Husni Mubarak und seinen Sohn Gamal zu diffamieren.

Am 1.Oktober wird sich der Herausgeber von "al-Dustur", Ibrahim Eissa, in einem weiteren Verfahren vor einem Staatssicherheits-Gericht verantworten müssen, gegen dessen Urteil kein Einspruch erhoben werden kann. Hintergrund sind Berichte in Eissas Zeitung in denen über einen verschlechterten Gesundheitszustand des 79-jährigen Mubarak spekuliert wurde. Ibrahim Eissa drohen bis zu 3 Jahre Haft. Die USA zeigten sich besorgt über das Vorgehen gegen die unabhängigen Zeitungen. Von ägyptischer Seite wurden die Bemerkungen des Weißen Hauses umgehend als "inakzeptable Einmischung" bezeichnet.

Aus Protest gegen die Untersrückung der Pressefreiheit haben die Herausgeber von 15 unabhängigen Zeitungen in Ägypten angekündigt, am 7.Oktober keine Zeitungen zu veröffentlichen.