Die Welt schaut zurzeit gebannt auf die Entwicklungen im Iran. Dennoch sollten die anderen Konfliktherde der Region nicht aus dem Blick geraten. Deshalb an dieser Stelle ein Kommentar unseres Hamas-Experten Maximilian Felsch zur jüngsten Rede des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu
Mit Spannung wurde gestern die Rede Netanyahus zur israelischen Friedenspolitik erwartet, die wohl dem Druck Washingtons geschuldet war. Man hörte tatsächlich etwas Neues, denn erstmals stellt Netanyahu einen Palästinenserstaat in Aussicht. Dennoch wurden die Erwartungen an die groß angekündigte Rede eher enttäuscht - besonders unter den Palästinensern.
Das lag vor allem an dem langen Auflagenkatalog, den er als Bedingung für die Errichtung eines palästinensischen Staats vorstellte. Diese Rede war eigentlich gar nicht an die Palästinenser gerichtet und hatte wahrscheinlich auch nicht die Wiederaufnahme des Friedensprozesses zum Ziel.
Es gab zwei andere Adressaten, nämlich die USA und die politische Rechte Israels, und beide erhielten zwei unterschiedliche Botschaften: Den einen sollte signalisiert werden, dass Israel prinzipiell bereit ist, zu verhandeln. Und den anderen, dass es dazu aber nicht kommen wird.
Netanyahu nannte auch verständliche Gründe für seine Zurückhaltung. Er verwies auf den Raketenbeschuss aus dem Südlibanon und aus Gaza seitdem Israel die Besetzung dort im Jahre 2000 bzw. 2005 verhandlungs- uns bedingungslos beendete. Er wolle kein neues „Hamastan“ im Westjordanland ermöglichen, sagte er gestern.
Ausdrücklich sprach er sich auch gegen einen Stopp des Siedlungsbaus aus – eine der zwei Minimalforderungen Washingtons, neben dem Bekenntnis zur Zweistaatenlösung.
Nun stellt sich die Frage, welchen Einfluss hat Amerika tatsächlich auf Israel? Dass ein US-Präsident sich schon zu Beginn seiner Amtszeit im Nahostkonflikt engagiert ist neu. Seine
Vorgänger scheuten das Thema bis zur Endphase ihrer Präsidentschaft, weil ein Scheitern in diesem Unternehmen sehr viel wahrscheinlicher ist als ein Erfolg. Obama dagegen, der sich gerne utopische Ziele setzt (Abschaffung aller Atomwaffen) scheut auch vor dem ewigen Konflikt in Nahost nicht zurück.
Große Würfe sind ihm noch nicht gelungen, auch nicht durch die Rede Netanyahus. Nach dessen Vorstellungen sieht ein „Palästinenserstaat“ so aus: Ein entmilitarisiertes Land, das weder seinen Luftraum, noch seine Grenzen kontrollieren darf, dessen Außenpolitik in enge Grenzen gezerrt ist, dessen Hauptstadt nicht Ost-Jerusalem heißt, der aber Israel als jüdischen Staat in all seiner Macht anerkennt, und ihn von einer Aufnahme von Flüchtlinge freispricht.
Man fragt sich nur: Was unterscheidet solch einen „Staat“ vom Status Quo?