In der jüdischen Gemeinde Irans wächst das Unbehagen über die anti-semitische Rhetorik von Staatpräsident Mahmud Ahmadinejad. Seit seinem unerwarteten Wahlsieg im Juni 2005 hat Ahmadinejad mehrfach den Holocaust als Mythos abgetan und die seinem Weltbild nach gegen den Islam gerichtete jüdische Weltverschwörung gegeißelt. Den Staat Israel hatte er in einer Rede auf der Konferenz "Die Welt ohne Zionismus" als "Tumor" bezeichnet, der "von der Landkarte radiert" werden müsse.
"Das Leben als Minderheit bringt immer Probleme mit sich, ob in Iran oder außerhalb", erklärt Haroun Yashayaei, Vorsitzender der etwa 17000 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde Irans der Nachrichtenagentur AFP. Er legt wert auf die Feststellung, dass Ahmedinejads Zorn nur gegen den Staat Israel gerichtet sei, nicht aber gegen die jüdische Religion und ihre Anhänger im Iran.
"Ehrlich gesagt werden wir bei unserer Religionsausübung nicht behindert. Wir haben unsere eigenen Friedhöfe, koscheres Essen, Schulen und Synagogen.", so Yashayaei weiter. "Das Gerede Ahmadinejads ist kein Grund zur Auswanderung. Wir sind Iraner und seit 2700 Jahren Teil der iranischen Nation. Das Judentum ist eine einheimische Religion in Iran. Das Volk und auch Dr.Ahmadinejad hat nie einen agressiven Standpunkt gegen die iranischen Juden eingenommen."
Gleichwohl bereiten die jüngsten, von islamistischen Hardlinern aus dem Umfeld des Präsidenten gesteuerten Diskussionen über den Holocaust in der iranischen Öffentlichkeit Unbehagen. "Ich glaube nicht, dass es ein Mythos ist. Es ist ein historischer Fakt und ein Schandfleck in der Geschichte der menschlichen Zivilisation.", erklärt Yashayaei. "Wenn wir den Holocaust wirklich leugnen wollen, dann sollten wir auch die Massaker gegen Muslime von Sabra und Chatila, Kosovo, Halabja oder Darfur in Frage stellen. Für mich ist wichtig, dass anerkannt wird, dass diese Dinge geschehen sind. Weniger von Bedeutung ist für mich, ob es 1,5 Millionen oder 6 Millionen Tote gab."
Das Regime in Teheran fördert gezielt Historiker, die das wahre Ausmaß der Judenvernichtung im Dritten Reich in Frage stellen und damit das Recht der Juden auf eine Heimstätte in Palästina deligitimieren. Erst am vergangenen Montag fand in Irans Hauptstadt ein Symposium zum Thema "Der Holocaust - Mythos oder Realität?" statt, organisiert von einer Gruppe, die sich selbst als pro-palästinensische NGO bezeichnet. "Wenn man sich das Internet oder gar Zeitungen aus dem Westen anschaut, dann findet man viele Analysten, Politiker und Gelehrte, die die Ansichten Ahmadinejads teilen.", meint dazu Mohammad Najjar, einer der Organisatoren des Treffens. "Sie sind von ihm inspiriert und unterstützen ihn, weil er etwas sagte, was vor ihm keiner auszusprechen wagte."
Zwar waren am Montag nur eine Handvoll Teilnehmer erschienen, doch plant die Regierung eine große Holocaust-Konferenz in Teheran, zu der unter anderem Horst Mahler, NPD-Mitglied und Holocaust-Leugner eingeladen wurde. Außerdem wolle man "unabhängige Ermittler" in die ehemaligen Konzentrationslager Europas schicken um das wahre Ausmaß des Völkermordes zu untersuchen.
Haroun Yashayaei und der jüdischen Gemeinde, die vor der islamischen Revolution mehr als 80000 Mitglieder stark war, wird eine solche Plattform nicht gegeben. "Diese Herren können sagen was sie wollen ohne eine Gegenmeinung zuzulassen. Und sie erklären ihre Ansichten nicht nur in ihren Seminaren sondern im Staats-Fernsehen. Uns wird keine Sekunde Sendezeit zur Erwiderung zugebilligt."
29.01.2006
Irans Juden - Leben unter dem Holocaust-Leugner Mahmud Ahmadinejad