Zwei Wochen nach Ausbruch der Kämpfe zwischen der Fatah al-Islam und der libanesischen Armee in Nahr al-Bared sind in der vergangenen Nacht libanesische Soldaten am Rande eines zweiten palästinensischen Flüchtlingslagers angegriffen worden. Bei dem Vorfall in Ain al-Hilweh, dem größten Palästinenser-Camp im Libanon wurden zwei Armeeangehörige getötet.
Ersten Berichten zufolge sollen Kämpfer der Gruppe Jund al-Sham das Feuer auf einen Checkpoint am Rande des Lagers in der Nähe der südlibanesischen Stadt Saida/Sidon eröffnet haben. Der genaue Zusammenhang mit den Kämpfen in Nahr al-Barid ist bislang unklar, einzelne hochrangige Mitglieder von Jund al-Sham und Fatah al-Islam sollen jedoch Verwandte sein.
Die Bezeichnung Jund al-Sham, auf deutsch "Soldaten Groß-Syriens", tauchte erstmals 1999 auf, als sich in einem afghanischen Ausbildungslager der al-Qaida Syrer, Libanesen, Jordanier und Palästinenser unter der Führung von Abu Musab az-Zarqawi zusammenschlossen. Als langfristiges Ziel strebt die Gruppe die Errichtung eines islamistischen Staats auf dem Gebiet des heutigen Libanon, Syrien, Israel/Palästina, Jordanien und des Irak an.
In den vergangenen Jahren übernahmen Bekennerschreiben der Jund al-Sham unter anderem die Verantwortung für Anschläge auf eine britische Schule in Qatar, mehrere Bombenanschläge im Libanon und eine Explosion in einer texanischen Ölraffinerie im März 2005. Die große räumliche Distanz zwischen den Anschlagsorten, sowie die Tatsache, dass die Explosion in Texas laut offiziellen Angaben kein Anschlag gewesen sei, ließ jedoch Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Selbstbezichtigungen aufkommen.
Seit 2005 gab es zudem mehrere Zusammenstöße zwischen Jund al-Sham-Kämpfern und der syrischen Armee. Eigenen Angaben zufolge vereitelten syrische Sicherheitskräfte im Juni 2006 einen Terroranschlag der Jund al-Sham in Damaskus. Unklar ist, ob diese Zellen mit der Jund al-Sham in Ain al-Hilweh in Verbindung stehen oder ob es sich um verschiedene Bewegungen gleichen Namens handelt. Ebenso ist unbekannt ob eine Verbindung zwischen Jund al-Sham und den "Kämpfern für die Einheit und Freiheit Groß-Syriens" besteht, die die Verantwortung für den Mord an dem Syrien-kritischen Jouranalisten Gebran Tueni übernommen hatten, seither aber nicht wieder in Erscheinung geteten sind.
Die libanesische Zeitung "Al-Nahar", deren Herausgeber Tueni war, berichtete unterdessen am Sonntag, festgenommene Kämpfer der Fatah al-Islam hätten im Verhör gestanden Anschläge nach dem Vorbild des 11.September in Beirut geplant zu haben. Htels und Botschaften in der libanesischen Hauptstadt hääten zum Ziel von Selbstmordattentätern werden sollen. Die wichtigste Verbindungsstraße von der Hauptstadt in den Norden sollte zerstört und der Nordlibanon daraufhin zu einem islamischen Staat erklärt werden. Den Sprengstoff hierfür habe man aus Syrien erhalten, hieß es weiter.
Mittlerweile hat die Angst vor sunnitischen Extremisten nach dem Vorbild der al-Qaida auch jene Staaten erfasst, die Soldaten zur Friedenssicherung in den Südlibanon entsandt haben. So sollen sich nach Informationen des britischen Journalisten Robert Fisk Geheimdienstmitarbeiter aus Frankreich, Italien und Spanien mit hochrangigen Hizbollah-Funktionären getroffen und die Lage erörtert haben. Die Hizbollah habe zugesichert, die UNIFIL-Soldaten zu beschützen.