06.07.2009
Der Mord an Marwa el-Sherbini - Reaktionen aus Ägypten

Die ägyptische Öffentlichkeit nimmt großen Anteil am Schicksal ihrer ermordeten Landsfrau Marwa el-Sherbini. Die 31-Jährige war am vergangenen Mittwoch in einem Dresdner Gerichtssaal von dem Deutsch-Russen Alex W. mit 18 Messerstichen getötet worden. Zuvor soll er die Frau als "Islamistin" und "Terroristin" beschimpft haben - vermutlich weil sie ein Kopftuch trug.

Die ägyptische Zeitung "al-Masry al-Yawm" bezeichnet Sherbini daher auch als "Opfer des Hijab". Darüber hinaus berichtet das Blatt ausführlich über die Trauerfeier, die am Wochenende in der Berliner "Dar al-Salam-Moschee" stattgefunden habe. Unter den 2000 Trauergästen, die aus ganz Deutschland angereist seien, war auch der ägyptische Botschafter in Deutschland, Ramzi Ezzeldin Ramzi. Zudem vermeldet "al-Masry al-Yawm", dass der Täter vor seinem Angriff gerufen habe "Du verdienst es nicht zu leben."

Die ägyptische Tageszeitung "al-Ahram" widmet dem Mord an Marwa seinen Leitartikel und bezeichnet sie darin als "Opfer des Hasses". Der Fall zeige die tiefe Krise der europäischen Gesellschaften, denn besonders in Deutschland und Frankreich würden die Werte der Toleranz und Koexistenz erodieren. Der Mord im Gerichtssaal schüre Zweifel und Ängste hinsichtlich der Sicherheit von Arabern und Muslimen in Europa. Die Islamophobie habe sich in den europäischen Gesellschaften breitgemacht - mit dem Ziel Europa als einen Privatklub der nur für Christen reserviert sei, darzustellen. Dieses Phänomen zeige sich am Verbot des Hijab in Frankreich ebenso wie an der Weigerung die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen.

Am Sonntag landete Marwas Leichnam auf dem Flughafen Kairo, in Anwesenheit des deutschen Botschafters Bernd Erbel. Er verwies in einer kurzen Ansprache darauf, dass das Kopftuch in Deutschland nicht verboten sei und der Mord vom deutschen Volk verurteilt werde. Der Diplomat erklärte, dass die 3 Millionen in Deutschland lebenden Muslime alle Freiheiten genießen und und das deutsche Volk den Muslimen nicht feindlich gegenüberstehe. Jedes Menschenleben sei den Deutschen und ihrer Regierung gleich viel wert und der Täter werde eine angemessene Strafe erhalten.

Sofia al-Fayed verglich unterdessen den Mord an Marwa el-Sherbini mit dem Tod ihres Neffen Dodi al-Fayed. So wie Dodi sterben musste, weil er eine christliche Prinzessin liebte, sei Marwa getötet worden, weil sie ein Kopftuch trug.

Heute wurde Marwa in ihrer Heimatstadt Alexandria beigesetzt. Der Provinzgouverneur Adel Labib sorgte für eine Bestattung der "Märtyrerin" in einem Ehrengrab. An den Trauerfeierlichkeiten in der Mittelmeer-Metropole nahmen tausende Menschen teil. In Sprechchören wurde Präsident Mubarak aufgerufen, die deutsch-ägyptischen Beziehungen abzubrechen. Daneben habe es Rufe gegeben wie "Oh Deutschland, ägyptisches Blut ist nicht billig!" und "Es gibt keinen Gott außer Gott - nieder mit Deutschland." Für morgen hat die oppositionelle Bewegung "Jugend des 6. April" zu Demonstrationen vor der Deutschen Botschaft in Kairo und dem Goethe-Institut in Alexandria aufgerufen.

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