07.04.2011
Der Fall Mohammed al-Maskati - Wie Bahrains Regime kritische Stimmen zum Schweigen bringt
Drei Wochen nach dem Einmarsch von Truppen aus Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten haben die Repressalien gegen Oppositionelle in Bahrain einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Konflikt zwischen dem Regime und den Demonstranten findet längst nicht mehr auf dem Lulu-Platz in der Hauptstadt Manama statt. Fernab der Fernsehkameras und der internationalen Öffentlichkeit, die sich verstärkt den Entwicklungen in Libyen und Syrien widmet, macht Bahrains Staatsführung mit Unterstützung ihrer arabischen Nachbarn Jagd auf Dissidenten.

Hunderte Aktivisten, Ärzte, Journalisten und Blogger sind in den letzten beiden Wochen einfach verschwunden. Zu den Oppositionellen, die von Sicherheitskräften verhaftet und an einen unbekannten Ort verschleppt wurden, gehört auch der Blogger Mohammed al-Maskati. Er ist ein Verwandter unseres Kontaktmannes in Bahrain, mit dem wir in den letzten Wochen Interviews führten und der uns über die Entwicklungen in seiner Heimat auf dem Laufenden hielt. Er schildert uns die Umstände von Mohammeds Verschwinden so:

„Er wurde am vergangenen Donnerstag um 3 Uhr morgens festgenommen. Er ist Blogger auf emoodz.com und als @emoodz bei Twitter aktiv. Seine Festnahme erfolgte 24 Stunden nachdem sein Freund Mahmood al-Yousif, eine andere prominente Persönlichkeit in Bahrain in Gewahrsam genommen wurde, für den sich später dss US State Department in einem Statement stark gemacht hatte. Mahmood wurde zwei Tage später freigelassen. Etwa gegen 20 Uhr rief Mohammed seine Frau an, sagte ihr, dass ihm gut gehe und dass er „später“ freigelassen werde. Als er gefragt wurde wo er sei, sagte er, dass er das nicht wisse. Seither haben wir nichts mehr von ihm gehört, wir wissen nicht wo er sich aufhält und haben keinen Kontakt mehr zu ihm. Als die Polizisten kamen, zeigten sie uns keinen Haftbefehl und sagten uns weder wohin sie ihn bringen, noch warum und für wie lange.“

Über Mohammeds Hintergrund und seine Aktivitäten schreibt sein Verwandter folgendes: „Mohammed war nicht Mitglied irgendwelcher politischer Gesellschaften und hatte überhaupt keine politische Zugehörigkeit. Er twitterte hauptsächlich Nachrichten, ergänzt durch Bilder und Videos. Er twitterte auch seine Meinung zu den Ereignissen in Bahrain, aber seine Tweets waren moderat und auch die Opposition kritisierte er von Zeit zu Zeit. Er hat nie die Herrscherfamilie beleidigt.“

Mohammeds Familie ist in großer Sorge und bittet unsere Leser um Unterstützung: „Obwohl wir gehofft hatten, dass sein Fall, ähnlich wie bei Mahmood bald gelöst werden würde, ist mittlerweile eine ganze Woche vergangen und wir alle sind sehr besorgt. Wir sind unsicher, wir wir vorgehen sollten, wie wir ihm helfen könnten, was wir tun könnten. Ich bin für jeden Ratschlag dankbar.“

Mittlerweile gibt es im Internet eine Seite, die sich für die Freilassung von Mohammed al-Maskati einsetzt. Auch bei Facebook gibt es eine Solidaritätsgruppe für ihn.

Neben Bloggern werden auch kritische Journalisten von der Regierung mundtot gemacht. Am vergangenen Sonntag wurde die Zeitung al-Wasat kurzzeitig verboten, offenbar weil das Blatt zu kritisch über die Ereignisse der letzten Wochen berichtet hatte. Nachdem das Regime Druck auf die Verantwortlichen ausgeübt hatte, durfte al-Wasat am Montag wieder erscheinen. Zuvor mussten jedoch der Herausgeber, der Chef vom Dienst und der Leiter der Lokalredaktion ihren Hut nehmen. Sie wurden nun durch Redakteure ersetzt, die der Herrscherfamilie weniger kritisch gegenüberstehen.

Doch längst nicht nur Journalisten und Online-Aktivisten geraten ins Visier des Regimes. Spätestens seitdem König Hamad ibn Isa Al Khalifa am 15. März das Kriegsrecht verhängte und Stunden später Militärverbände des Golfkooperationsrats (GCC) ins Land einrückten, sind die Grundrechte in dem Zwergstaat von der Größe Hamburgs außer Kraft gesetzt. Hunderte, zumeist schiitische Arbeitnehmer, die sich seit Beginn der Proteste Mitte Februar an Streiks beteiligt hatten, wurden von ihren Unternehmen wie etwa der Fluglinie Gulf Air oder dem Ölunternehmen Bapco entlassen. Die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) verurteilte die Massenentlassungen und andere repressive Maßnahmen.

Darüber hinaus hält sich die internationale Gemeinschaft mit kritischen Bemerkungen zum Vorgehen der Führung in Manama zurück und billigt damit die gewaltsame Unterdrückung der Opposition. US-Verteidigungsminister Robert Gates erklärte am Mittwoch, seine Regierung habe „Beweise“ für Irans Einmischung in die Ereignisse in Bahrain und anderen Ländern des Nahen Ostens. Gates erhob diese Vorwürfe ausgerechnet in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, also jenes Landes, das sich unzweifelhaft aktiv in die inneren Angelegenheiten Bahrains einmischt, die dortige Opposition niederschlägt und kritische Stimmen zum Schweigen bringt.