Das Verwirrspiel um den Kurs des libyschen Hilfsschiffs „Amalthea“ im Mittelmeer ist beendet. Der Frachter machte gestern im ägyptischen Hafen Al-Arisch fest. Auch über die „Free-Gaza“-Flotte gibt es neue Erkenntnisse: Das israelische Militär hat eine erste Untersuchung abgeschlossen und die arabische Abgeordnete Hanin Zuabi – die an Bord der „Mavi Marmara“ gewesen war – verliert nach einem Knesset-Beschluss drei grundlegende Privilegien als Parlamentarierin.
Kritik in wohldosiertem Maß
Der Anfang ist gemacht: nach fünf Wochen Untersuchung präsentierte Generalmajor Giora Eiland am Montag seinen 150-seitigen Bericht, der die Ereignisse vor der Küste des Gaza-Streifens – bei dem neun türkische Staatsbürger um Leben gekommen waren – unter militärischen Gesichtspunkten bewertete. Es war Kritik in wohldosiertem Maß: Er lobte die Soldaten für ihren Einsatz, monierte aber, dass eine ganze Serie von „operativen Fehlern sowie mangelhafte nachrichtendienstliche Vorbereitung“ ausschlaggebend dafür gewesen seien, dass das „Desaster der israelischen Marine“ Ende Mai geschehen konnte. Dass man die türkische Organisation IHH nicht im Vorfeld der Operation beobachtet habe, wertete Eiland als Fehler. Ebenso hätte die militärische Führung im Vorfeld Szenarien durchspielen müssen, um andere Mittel anwenden zu können, um den Schiffskonvoi aufzuhalten. Da man dies nicht getan habe, sei der „Werkzeugkasten“ leer und kein „Plan B existent“ gewesen, so Eiland.
Die vom israelischen Stabschef Gabi Ashkenazi beauftragte Untersuchung galt als von vornherein zu einseitig, da sie nur die militärischen Aspekte des Einsatzes bewerten durfte. Deswegen hat man sich dazu durchgerungen, eine zivile fünfköpfige Kommission unter der Leitung von Jakob Tirkel, einem ehemaligen Richter am Obersten Gerichtshof, einzusetzen. Sie wird in den kommenden Tagen ihre Arbeit aufnehmen. Die Kommission war zunächst nur mit drei Mitgliedern besetzt und wurde erst nach Einspruch von Tirkel auf fünf erweitert – die Nachzügler sind keine Israelis, was ausländische Beobachter als einen Akt des „Guten Willens“ der rechtsgerichteten Regierung bewerten, die eine unabhängige, internationale Untersuchung weiterhin ablehnt. Entgegen einer anfänglichen Regelung darf die Kommission Zeugen unter Eid stellen. Ob dazu auch Soldaten gehören werden, wird sich noch entscheiden, Politiker – das steht bereits fest – werden auf jeden Fall befragt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird aller Voraussicht nach der erste Zeuge sein, den die Kommission vorlädt.
Ein deutliches Zeichen