Seit Beginn der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen hat die Hizbollah zwar rhetorisch ihre Solidarität mit der Hamas bekräftigt, von Angriffen gegen Israel und der Bildung einer zweiten Front in Nordisrael aber abgesehen. Auf der Ashura-Kundgebung am Mittwoch erklärte ihr Generalsekretär Hassan Nasrallah, dass die Hizbollah auf alle Eventualitäten eingestellt sei, ein Eingreifen der Miliz in den Krieg zwischen der Hamas und Israel scheint jedoch höchst unwahrscheinlich. Diese Zurückhaltung hat mehrere Gründe.
Am 7. Juni finden im Libanon Parlamentswahlen statt. Die Hizbollah darf sich berechtigte Chancen ausrechnen zusammen mit ihren Verbündeten die Parlamentsmehrheit zu gewinnen. Diese Wahlchancen will sie sich durch ein militärisches Abenteuer nicht kaputt machen lassen.
Die Miliz weiß sehr wohl, dass jeder Angriff auf Israel einen militärischen Gegenschlag provozieren würde, der hunderttausende ihrer schiitischen Anhänger zur Flucht aus dem Südlibanon zwingen würde.Viele zerstörte Häuser in den schiitischen Vorstädten Beiruts und den Dörfern des Jabal Amel sind auch zweieinhalb Jahre nach dem Zweiten Libanonkrieg nicht wiederaufegbaut. Einen erneuten heftigen Gegenschlag der israelischen Armee wird die Hizbollah ihrer Wählerschaft fünf Monate vor den Wahlen nicht zumuten wollen.
Außerdem dürfte die Akzeptanz eines Angriffs auf Israel zum jetzigen Zeitpunkt unter libanesischen Christen, auf deren Stiummen die Hizbollah und ihre Verbündeten angewiesen sind, sehr gering sein.
Die Schiitenbewegung hat nach dem Krieg im Sommer 2006 alle ihre mittelfristigen innenpolitischen Ziele erreicht, kann Entscheidungen der Regierung blockieren und ihre Entwaffnung liegt in weiter Ferne. Ein Krieg gegen Israel würde diese politischen Erfolge, die mit einem Sieg bei den Parlamentswahlen gekrönt werden könnten, stark gefährden.
Militärisch muss die Hizbollah seit dem Julikrieg ohnehin kaum noch etwas beweisen. Ihre Miliz lebt von dem Mythos, der israelischen Armee standgehalten zu haben. Ob ein Krieg heute ähnlich erfolgreich für die Hizbollah verlaufen würde, erscheint fraglich. Sie hat derzeit weitaus mehr zu verlieren als zu gewinnen.
Stattdessen versucht die Partei Gottes geschickt die Wut der Libanesen angesichts des Gazakrieges zu schüren und für sich auszunutzen. Die derzeitige Situation erhöht den Druck auf die von den USA unterstützten Rivalen der Hizbollah, besonders die sunnitische Mustaqbal-Bewegung. Die konsequent anti-israelische und anti-amerikanische Haltung der Hizbollah dürfte sich daher auch ohne einen Krieg bei den anstehenden Wahlen auszahlen.