16.01.2008
Anschlag auf US-Diplomaten im Libanon - Folgen und Hintergründe

Nach Politikern, Journalisten und Armee-Generälen sind nun Diplomaten zum Ziel der Anschlagsserie im Libanon geworden. Drei Menschen wurden getötet und mer als 20 weiter verletzt als eine Bombe im Beiruter Vorort Dora explodierte, die offenbar einen Wagen der amerikanischen Botschaft treffen sollte. Die Wucht der Explosion traf jedoch ein dahinter fahrendes Auto, so dass die Insassen des Botschaftsfahrzeugs den Anschlag leicht verletzt überlebten. Unklar ist woher die Attentäter wussten, dass es sich bei dem Auto um einen Wagen der US-Botschaft handelte, da es nicht mit einem gesonderten Diplomaten-Nummernschild versehen war.

Bislang hat keine Gruppe im Libanon die Verantwortung für das Attentat übernommen, allerdings kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der gestrige Anschlag im Zusammenhang mit George Bushs Nahost-Reise steht. Dieser hatte in den letzten Jahren seine Unterstützung für die libanesische Regierungskoalition mehrfach deutlich bekräftigt und die so genannte Zedernrevolution, in deren Zuge die Syrer aus dem Libanon abziehen mussten, als Beispiel für eine gelungene Demokratisierung im Nahen Osten gepriesen.

Hizbollah-Generalsekretär hatte Bush Visite in der Region als schwarze Stunde für die Araber bezeichnet. Den gestrigen Bombenanschlag verurteilte Nasrallah jedoch, wie jede Explosion auf libanesischem Territorium zu verurteilen sei. 1983 waren während des libanesischen Bürgerkriegs bei einem Bombenanschlag auf die US-Botschaft in Beirut 63 Menschen getötet worden. Damals übernahm der Islamische Jihad die Verantworung für den Anschlag, einer der Gruppen aus denen später die Hizbollah entstand.

Der Anschlag ereignete sich zudem weniger als 24 Stunden vor der Rückkehr des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Amr Moussa, nach Beirut. Dieser will sich erneut um die Umsetzung des von den arabischen Außenministern konzipierten Plans zur Lösung der Krise im Libanon bemühen. Die Erfolgsaussichten für diese Initiative scheinen nach jetzigem Stand doch sehr gering. Das Konzept stieß sowohl bei Vertretern des Regierungslagers, wie etwa Walid Jumblatt, als auch bei den Oppositionsführern auf Ablehnung. Nasrallah erklärte erst gestern erneut, dass keine ausländische Macht den Libanesen eine Lösung aufzwingen könne.

Mehr denn je scheint die Opposition um die schiitischen Bewegungen Amal und Hizbollah und die christliche Freie Patriotische Bewegung von General Michel Aoun gewillt, auf ihren breiten Rückhalt in der Bevölkerung zu vertrauen und den Konflikt auf die Straße zu tragen. Die Zeitung "an-Nahar" berichtete heute, dass entsprechende Pläne vorbereitet würden. Allerdings wolle die Opposition zunächst das Treffen der arabischen Außenminister am 27.Januar in Kairo abwarten. Massendemonstrationen und Generalstreiks durch die Opposition bringen die große Gefahr bewaffneter Zusammenstöße zwischen Anhängern der rivalisierenden Lager mit sich. Dies zeigte sich bereits vor fast genau einem Jahr als bei Schießereien mehrere Menschen getötet wurden.

Angesichts des offenkundigen Unwillens zu einem Kompromiss, erscheint eine Verlängerung des politischen Stillstands im Libanon unausweichlich. Selbst eine Fortsetzung des Machtvakuums bis nach den nächsten Parlamentswahlen 2009 scheint mittlerweile durchaus möglich.