05.05.2006
Ägypten verbietet sämtliche Pro-Reform-Demonstrationen


Ägyptens Sicherheitskräfte haben die Anweisung erhalten, sämtliche Proteste und Demonstrationen für Reformen oder einen Regimewechsel rigoros zu unterbinden. Nach Angaben eines hochrangigen Sicherheitsdienst-Mitarbeiters sei weder die Oppositionsbewegung "Kefaya", noch irgendeine andere regimekritische Organisation befugt, Kundgebungen auf den Straßen abzuhalten, berichtet "Khaleej Times".

Den Polizei-Kommandeuren sei bei der Wahl der Mittel gegen protestierende Oppositionelle freie Hand gegeben worden. "Kefaya oder ihren Schwestern wird kein noch so kleiner Rahmen an Freiheit überlassen. Das, was in den vergangenen 20 Monaten seit der Gründung der Bewegung für den Wandel geschah, gehört im Hinblick auf die Bewegungsfreiheit der Massen zu einer Ära, die vorbei ist."

Erste Hinweise auf diesen neuen Kurs der Staatsmacht hätten die vergangenen Wochen gegeben, in denen die liberalen Oppositionsgruppen nicht in der Lage waren öffentlichkeitswirksame Proteste in Kairo zu organisieren. Am Montag, dem symbolträchtigen 1.Mai, hatten 15 Parteien und andere Gruppen zu einem Marsch durch Kairos Innenstadt aufgerufen. Den Polizeikräften war es allerdings gelungen, die Demonstranten zu umzingeln und auf dem Gelände der nasseristischen Partei festzuhalten.

George Ishag, einer der Köpfe der Kefaya-Bewegung, erklärte, das Verhalten des ägyptischen Staates enthülle die wahren Gründe für die kürzlich beschlossene Verlängerung des Ausnahmezustands, den die Regierung mit dem Kampf gegen den Terror und den grassierenden Drogenhandel- und konsum begründet hatte.

"Es wird dem Regime nicht dienlich sein, die Schlinge um die Oppositionsbewegung, die mittlerweile die Mehrheit der Ägypter repräsentiert, enger zu ziehen. Vielmehr wird dadurch der Druck nur weiter erhöht, was irgendwann zu einer unvorhersehbaren, gefährlichen Explosion führen wird.", so Ishag.

Mohammed Abdul Qodous, Mitglied des ägyptischen Journalistenverbandes, glaubt, das Regime wolle den Oppositionellen die klare Botschaft übermitteln, dass es für den Erhalt seiner Macht auch zu weiterem Blutvergießen bereit ist. Die ägyptische Straße werde in den kommenden Monaten weitere Zusammenstöße erleben, die durch bevorstehende Massenentlassungen von Arbeitern aus privatisierten Firmen neue Nahrung erhalten würden. "Sechs Monate nach seiner Wiederwahl hat Präsident Mubarak noch keines seiner Versprechen an die Wähler umgesetzt."

Die US-Regierung und die EU-Kommission haben sich bislang mit einer Unterstützung der Oppositionsbewegung zurückgehalten, auch weil das Manifest der Kifaya die US-Besatzung im Irak verurteilt und erklärt, die israelische Politik gegenüber den Palästinensern grenze an einen Holocaust.