Ägyptens Staatssicherheit hat in der letzten Woche etwa 50 Personen festgenommen, die beschuldigt werden Anschläge in Ägypten geplant zu haben. Die Verdächtigen sollen "Agenten der Hizbollah" sein und im Auftrag der libanesischen Miliz "feindliche Operationen" geplant haben. 13 weitere Hizbollah-Agenten, die sich auf dem Sinai aufhalten sollen, würden derzeit noch gesucht.
Zunächst wirkten die Anschuldigungen nicht sehr überzeugend, zumal die Vorwürfe gegen die Festgenommenen von der "Planung von Anschlägen in Sinai", über "Ausspionierung des Schiffsverkehrs auf den Suezkanal" bis zu "Verbreitung des Schiitentums in Ägypten" reichten.
Am Freitag bestätigte jedoch kein geringerer als Hizbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah persönlich, dass einer der in Ägypten Inhaftierten, Sami Chehab, Hizbollah-Mitglied sei. Er habe dem palästinensischen Widerstand an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen logistische Hilfe geliefert. Alle weiteren Anschuldigungen seien jedoch falsch, so Nasrallah: "Wenn die Hilfe für die Palästinenser ein Verbrechen sein soll, dann bin ich schuldig und stolz darauf." Chehab soll jedoch nicht erst kürzlich, sondern bereits im November 2008 festgenommen worden sein.
Weiter erklärte Nasrallah, dass die ägyptische Führung verurteilt werden sollte, da sie es sei, die die Palästinenser im Stich lasse und Tag und Nacht die Tunnel in den Gazastreifen zerstöre, welche die einzigen Lebensadern für die Menschen in Gaza seien.
Es ist höchst ungewöhnlich, dass sich die Hizbollah-Führung offen zu laufenden Operationen äußert. Offenbar war dieser Schritt bewusst gewählt um die öffentliche ägyptische Meinung zu beeinflussen, die der Haltung ihrer eigenen Regierung gegenüber dem Gazastreifen sehr kritisch gegenübersteht.
Der offen ausgetragene Konflikt zwischen der ägyptischen Regierung und der Hizbollah ist nämlich auch ein Versuch Kairos die Popularität der Hizbollah und ihres Anführers Nasrallah zu schwächen. Zudem sehen Beobachter im öffentlichen Aufschrei der Ägypter einen Versuch vor den Parlamentswahlen im Libanon am 7. Juni Schützenhilfe für die sunnitischen Parteien im Zedernstaat zu leisten und die Wahlchancen der Hizbollah und ihrer Verbündeten zu schwächen.
Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte die ägyptische Kampagne am Sonntag, als Safwat Sharif, der Vorsitzende des Shura-Rates, also des ägyptischen Oberhauses die Hizbollah als Terrororganisation bezeichnete. Damit weichen offizielle ägyptische Vertreter von der üblichen arabischen Sprachregelung ab, nach der Gruppen wie Hamas und die Hizbollah als Widerstandsgruppen tituliert werden.
Der gegenwärtige Konflikt zwischen Ägypten und der Hizbollah spielt sich auch vor dem latenten Machtkampf zwischen Kairo und Teheran ab. Beide Länder unterhalten seit der Islamischen Revolution im Iran keine vollwertigen diplomatischen Beziehungen und liefern sich immer wieder öffentliche Streitereien. Dazu gehört auch der regelmäßig von Ägypten wie auch anderen sunnitischen Staaten erhobene Vorwurf gegen den Iran schiitische Missionsbewegungen in den sunnitischen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas zu fördern.
Ob sich die Anschuldigungen gegen die angeblichen Hizbollah-Spione bewahrheiten, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen. Nasrallahs Äußerungen haben jedoch klargestellt, dass die Hizbollah zweifellos die territoriale Souveränität Ägyptens verletzt hat und dies keinefalls bereut.
Angeblich soll der ägyptische Geheimdienst vom Mossad auf die Aktivitäten der Hizbollah auf dem Sinai aufmerksam gemacht worden sein. Dies mag zwar die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe stützen, liefert aber gleichzeitig der Hizbollah willkommene Munition, die Anschuldigungen als zionistische Verschwörung abzutun und die ägyptische Regierung einmal mehr der offenen Zusammenarbeit mit Israel gegen die Palästinenser zu beschuldigen.