10.03.2015
HaBayit HaYehudi: Die rechte Einstellung der „Jüdischen Heimat“
Naftali Bennett, HaBayit HaYehudi Vorsitzender, redet sich in Rage. Photo: The Israel Project/Flickr (CC BY-SA 2.0)
Naftali Bennett, HaBayit HaYehudi Vorsitzender, redet sich in Rage. Photo: The Israel Project/Flickr (CC BY-SA 2.0)

Bei der letzten Knesset-Wahl erlebte die Partei HaBayit HaYehudi mit ihrem Vorsitzenden Naftali Bennett einen wahren Höhenflug. Der noch vor drei Jahren wenig bekannte Politiker machte die Partei dank einer Ausrichtung auf soziale Themen populär. Im aktuellen Wahlprogramm forciert er jedoch unter anderem einen kompromisslosen Siedlungsbau und plant ein Arbeitsverbot für bestimmte Gruppen von Einwanderern. Von Cordelia Neumetzger

 Tobias Pietsch

Naftali Bennett, Multimillionär und Parteivorsitzender der HaBayit HaYehudi (הַבַּיִת הַיְהוּדִי, Die Jüdische Heimat), hat in den vergangenen Jahren eine steile Karriere hingelegt. Der 42-Jährige hat seiner Partei vor zwei Jahren einen unerwartet hohen Wahlerfolg beschert. HaBayit HaYehudi, die zuvor nur drei Sitze in der Knesset hatte, schaffte es bei der Wahl 2013 unter seiner Führung auf zwölf Sitze. Bennett erwarb daraufhin den Posten des Wirtschaftsministers in Benjamin Netanjahus Likud-Regierung. Mit Slogans wie „Bennett ist euer Bruder“ und einer Wahlkampagne mit Schwerpunkt auf sozialen Themen wie Familie, Lebenshaltungskosten und jüdischer Tradition, erkannte er den Zeitgeist und reagierte auf die Bedürfnisse vieler Israelis. So konnte er auch jüngere, säkular eingestellte Wähler für seine traditionelle, religiöse Partei begeistern.

Bei den internen Parteiwahlen am 14. Januar 2015 wurde Bennett mit 90 Prozent der Stimmen wieder zum Vorsitzenden der HaBayit HaYehudi gewählt. Am 17. März 2015 wird seine Partei wie bereits 2013 zusammen mit der kleinen, nationalistischen Tkuma-Partei (תקומה, Wiedergeburt) zu den 20. Knesset-Wahlen antreten. Dabei erhalten Kandidaten der Tkuma allerdings nur vier (Nr. 2, 9, 14, 18) der insgesamt 20 Plätze auf der gemeinsamen Wahlliste. So gestärkt strebt Bennett nach mehr: Dass er Netanjahu als israelischen Ministerpräsidenten ablösen will, ist kein Geheimnis. Wohl deshalb schlägt er mit seiner HaBayit HaYehudi im Jahr 2015 einen viel nationalistischeren Kurs ein als noch vor zwei Jahren, um auch bei rechtsorientierten Wählern der Likud-Partei punkten zu können. Das könnte ihn aber wiederum um Wählerstimmen der Gemäßigten bringen, die seiner Partei noch beim letzten Mal Erfolge beschert hatten.

Bennett ist nicht nur ein Vollblutpolitiker, sondern auch einer der Führer der nicht-parlamentarischen Organisation Yisra'el Sheli (ישראל שלי, Mein Israel). Diese bezeichnet sich als „Bewegung, die sich der Verbreitung des Zionismus und der Liebe zum Land Israel über das Internet verschrieben hat“. Anscheinend möchte Bennett diese Heimatverbundenheit nun ebenfalls politisch stärker in den Vordergrund rücken. Deutlich formuliert er nationalistische Ansichten auch und gerade in seinen Facebook-Posts, wie etwa dem vom 19. Februar 2015: „What do Livni, Herzog, Lapid, Galon, Netanyahu, Lieberman, Yishai, Deri and Kahlon (Anm.: die Spitzen anderer Parteien in der Knesset) all have in common? They all support or supported in the past the transfer of parts of the Land of Israel to the Arabs. Oslo, disengagement, Hebron Agreement, Camp David or today.”

Das aktuelle Partei-Programm, mit dem er die HaBayit HaYehudi im Knesset-Wahlkampf positioniert, konkretisiert derlei Aussagen noch. Zwar betont das Programm die Unterstützung aller Israelis: Es bekennt sich zur Förderung der Chancengleichheit in der Kindererziehung und der Ausbildung sowie zum Schutz der Rechte von Minderheiten in Israel, inklusive der arabischen. Doch hauptsächlich dreht sich das Programm um die Ausweitung und Realisierung der Siedlungsbestrebungen im Westjordanland (Judäa und Samaria), auf den Golan-Höhen, in der Negev-Wüste, der Arava-Senke im Grenzgebiet zwischen Israel und Jordanien, dem Jordanischen Flusstal zwischen der Westbank und Jordanien sowie der Gebiete in Nordisrael (Galiläa) an der Grenze zum Libanon. Ein Ausbau der Infrastruktur und des Transportwesens soll den Siedlungsprozess dabei beschleunigen. Zudem soll die Erziehung in Israel wieder vermehrt die jüdisch-zionistische Identität und Lehre jüdischer Geschichte und Werte fördern. Ebenso müsse die jüdische Natur des israelischen Staates gestärkt werden. So zumindest heißt es im Programm in etwa. Mit „citizens“ sind dabei wohl die nicht-jüdischen Bewohner Israles gemeint.

Nein zu Palästina, afrikanischen Einwanderern und der gleichgeschlechtlichen Ehe

Besonders deutlich werden die nationalistischen Tendenzen auch beim Thema Palästina und bei der anvisierten Einwanderungsspolitik. So hat Bennett, als er im Januar seine Wahlliste vorstellte, betont, es werde keinen palästinesischen Staat in „Eeretz Israel“ (Anm.: Großisrael, biblische Bezeichung für das „vollständige Land Israel“) geben. "The terrorists (Anm.: Die Palästinenser) don't deserve a country,...” Auch für afrikanische Einwanderer sei in Israel kein Platz: HaBayit HaYehudi bezeichnet Israel als „Arbeitsamt für den afrikanischen Kontinent”. Zehntausende Eritreer und Sudaner seien bereits auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen nach Israel gekommen. Grenzen könnten sie nicht aufhalten. Nur wenn der „Topf aus Gold am Ende des Regenbogens“, wie es so bildhaft im Wahlprogramm heißt, verschwinden würde, würde auch die Motivation zur Einreise nach Israel schwinden. Im Klartext: Einzig ein Arbeitsverbot für illegale Einwanderer (im Programm werden sie unter anderem als „Aliens“ bezeichnet) über zunächst fünf Jahre könne „Millionen afrikanischer Eindringlinge“ von der Immigration abhalten.

Auch beim Thema Homosexualität zeigt die HaBayit HaYehudi ihr konservatives Gesicht. Bei einer Wahlveranstaltung am 18. Februar in Haifa etwa kam es zu Tumulten, als Sympathisanten eine „Gay Pride“ Flagge entrollten. Auch Bennett selbst gibt einmal mehr über Facebook und anderswo zu verstehen, dass er von gleichgeschlechtlichen Beziehungen und Hochzeiten nichts hält und beruft sich dabei auf den jüdischen Glauben. Auch stehen Kandidaten auf seiner Wahlliste, die in ihrer Vergangenheit offen gegen Schwule und Lesben eingetreten sind.

Mit dieser Einstellung und dem Rechtsschwung im Parteiprogramm könnte es die HaBayit HaYehudi schwer haben, wieder so viele Stimmen säkularer Wählern zu erhalten wie noch vor zwei Jahren. Diese etwaigen Verluste durch einen Zuspruch nationalistisch eingestellter Wähler zu kompensieren, darauf wird die Partei setzen. Ob ihre Rechnung allerdings aufgeht, ist noch ungewiß. In aktuellen Wahlprognosen liefert sie sich ausgerechnet mit dem Wahlbündnis der arabischen Parteien und dem Chadash-Bündnis (חד״ש, die Vereinigung der sozialistischen Parteien in Israel) ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den dritten Platz hinter der Zionistischen Union und Likud –– eine Ironie des Schicksals?

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