03.12.2014
Giftgas und Bomben - Erinnerungen und Gegenwart
Screenshot des Videos "... und das ist das Schlimmste!". Adopt a Revolution 2014 (CC)
Screenshot des Videos "... und das ist das Schlimmste!". Adopt a Revolution 2014 (CC)

Oma erzählt von Bombenangriffen, Opa vom Giftgas. Doch das ist nicht ihre Geschichte – es geht um die Gegenwart in Syrien. Mit einem in Berlin gedrehten Video wirbt die Organisation Adopt a Revolution in diesen Wochen um die politische Bearbeitung des Konflikts und Unterstützung für die syrische Zivilgesellschaft.

Zwei ältere Menschen sitzen in einem Park in Berlin-Kreuzberg und sprechen scheinbar über erlebte Vergangenheit: Bombenangriffe, klirrend-kalte Winter, Hunger. Der Dialog endet überraschend: „Das schlimmste ist, dass das heute passiert und die ganze Welt tatenlos zuschaut.”

Mit diesem Video möchten die Macher_innen von Adopt a Revolution (AaR) in Deutschland Aufmerksamkeit für den Konflikt in Syrien schaffen: „Indem wir Syrien mit der deutschen Vergangenheit, den Giftgasangriffen des Ersten Weltkriegs und den Städtebombardements des Zweiten Weltkriegs in Beziehung setzen, versuchen wir, den Konflikt hierher zu bringen und den Menschen verständlicher zu machen”, erklärt Andre Find von AaR.

Das Video wirbt zudem dafür, dass der Konflikt in Syrien eine politische Lösung braucht. Die EU und die Vereinten Nationen hätten spätestens seit dem Scheitern der Genf II-Verhandlungen sämtliche politische Bemühungen eingestellt, so Sarah Hüther von AaR. „Die Luftangriffe der US-geführten Allianz gegen ISIS – nicht aber gegen das Regime – machen deutlich, dass es keinerlei politisches Konzept für Syrien gibt. Diskutiert werden nur die Optionen militärischer Angriffe und die auch nur in Bezug auf Kobani, während noch immer mehr Menschen durch das Assad-Regime ums Leben kommen als durch ISIS. Um den Konflikt zu lösen, braucht es dringend einen politischen Ansatz, denn all das Militärische wird nicht weiterhelfen ohne zivile politische Anstrengungen.”

Die dritte Forderung des Videos und der hiermit einhergehenden Kampagne ist die der Stärkung der Zivilgesellschaft. „Ohne Zivilgesellschaft wird sich der Konflikt nicht lösen lassen, nur mit den toleranten Traditionen Syriens kann der Konfessionalismus und die Gewalt überwunden werden. Wir unterstützen die Zivilgesellschaft, weil wir glauben, dass dort die moderaten Kräfte herkommen, die tatsächlich zu einer Veränderung beitragen können”, begründet Hüther. Medien und Politiker dürften nicht der argumentativen Dichotomie ‚Assad oder ISIS‘ verfallen, sondern müssten den gewaltfreien Beginn der Revolution, die Medienaktivist_innen und Menschenrechtsbeobachter_innen, die Gelehrten, die Menschen mit Zivilcourage, die sich weiterhin für ein freies und menschenwürdiges Syrien einsetzten, immer mitdenken: „Denn diese Menschen entspringen der Zivilgesellschaft.”

Weitere Informationen unter https://www.adoptrevolution.org/

Christoph ist studierter Islam-, Politik- und Geschichtswissenschaftler mit Fokus auf Westasien. Der Mitgründer von Alsharq - heute dis:orient - war zwischen 2011 und 2014 bei der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Willy-Brandt-Zentrum in Jerusalem tätig. In Berlin arbeitet er als Geschäftsführer für Alsharq REISE. Christoph hält regelmäßig...