Mit dem gebotenen zeitlichen Abstand von mehr als zwei Wochen hier ein paar Eindrücke aus dem Libanon.:
Alles in allem machten die Libanesen, die wir Ende Juli getroffen haben, einen deutlich optimistischeren Eindruck als noch vor einem Jahr. Nach der Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit freuen sich viele über eine Atempause im politischen Machtkampf im Land und darüber, dass hunderttausende Exil-Libanesen und Touristen, zumeist aus den Golfstaaten, ihren Sommerurlaub im Libanon verbringen.
Der Sommer 2008 ist der Erste seit drei Jahren, in dem im Libanon relative Ruhe herrscht. 2006 tobte der Zweite Libanonkrieg, im vergangenen Jahr lähmten Bombenanschläge und der Kampf gegen die Fatah al-Islam im Flüchtlingslager Nahr al-Bared das Land. In diesem Jahr prägen verschleierte, dafür aber aufwändig geschminkte Frauen vom Golf, sowie Luxuskarrossen mit Nummernschildern aus Dubai, Qatar oder Saudi-Arabien das Stadtbild Beiruts.
In Downtown Beirut, der nach dem Bürgerkrieg wieder aufgebauten Innenstadt Beiruts tobt auch weit nach Mitternacht das Leben. Viele Straßencafes sind voll besetzt, auf dem Najmeh-Platz vor dem Parlament toben Kinder, in einigen Cafes spielen Bands. Uniformierte Polizisten gehören zwar auch hier zum Stadtbild und die Taschen der Besucher werden beim Eingang nach Downtown durchsucht, gleichwohl herrscht eine ungezwungene Athmosphäre.
Generell ist die Dichte an Soldaten und Polizisten in Beirut nach wie vor sehr groß. Besonders an Orten, in denen die Kämpfe im Mai besonders heftig waren, also etwa dort wo sunnitische und schiitische Wohnviertel aufeinandertreffen, sind Panzer dauerhaft positioniert, einige Stellungen sind mit Sandsäcken verstärkt und wirken so, als sollten sie dauerhaft aufrecht erhalten werden.
Wenig verändert hat sich in den letzten 15 Monaten in den schiitischen Vorstädten Beiruts. Zwar sind die meisten Brücken hier mittlerweile wieder hergestellt worden, dennoch sind die Kriegsschäden nach wie vor deutlich sichtbar. Auf großen Transparenten feiert die Hizbollah hier den Austausch der libanesischen Häftlinge gegen die Leichen der beiden israelischen Soldaten.
Insgesamt spielte der Gefangenenaustausch, der knapp eine Woche vor unserem Aufenthalt in Beirut über die Bühne ging, in der Wahrnehmung der Libanesen jedoch kaum eine Rolle. Einige Libanesen gaben an, erst im Zuge des Austausches erstmals von der Person Samir Kuntars erfahren zu haben. Der Deal mit Israel sei zwar ein Erfolg für den Libanon und die Hizbollah gewesen, besondere Bedeutung wurde dem Austausch jedoch nicht beigemessen.