Zwei prominente saudische Islamgelehrte streiten sich öffentlich darüber, ob das Feiern von Geburtstagen mit islamischen Rechtsvorstellungen vereinbar ist. Den Anfang hatte Salman al-Awdah gemacht, der in seiner Fernsehsendung eine Fatwa, also ein religiöses Gutachten veröffentlicht hatte, die besagt, dass Geburtstagsfeiern im Islam erlaubt seien. Er argumenierte, dass die Feider des Geburtstages einer lebenden Person, keinen gottesdienstlichen Akt darstelle und daher die Einzigartigkeit und Erhabenheit Gottes nicht in Frage gestellt werde.
Auf diese Äußerungen Awdahs reagierte wenige Tage später Saudi-Arabiens formell höchstrangiger Religionsgelehrter Großmufti Abdalaziz bin Abdullah Al al-Sheikh. Er erklärte, für Muslime dürfe es nur zwei Feiertage geben, das Zuckerfest Eid al-Fitr am Ende des Ramadan, sowie das Opferfest Eid al-Adha. Geburtstagsfeiern seien hingegen unislamische Bräuche, die aus der jüdischen und christlichen Religion übernommen worden seien.
Der blinde Großmufti Al al-Sheikh ist Kraft seines Amtes oberster Wächter der streng dogmatischen wahhabitischen Glaubenslehre, die das Leben in Saudi-Arabien bis heute bestimmt. Der Wahhabismus, der auf die Lehren von Muhammad ibn abd-al Wahhab (1703 - 1792) zurückgeht, beharrt auf einer möglichst wortgenauen Umsetzung der frühen islamischen Quellen. Alle Sitten, die nach der Frühzeit des Islam Einzug in die islamische Welt gehalten haben, seien hingegen abzulehnen - dazu zählen nach Meinung des Großmuftis auch Geburtstagspartys.
Für die meisten Muslime weltweit mutet diese inner-saudische Debatte kurios und wirklichkeitsfremd an. Von Marokko bis Indonesien sind Geburtstagsfeiern im Leben eines Muslims eine Selbstverständlichkeit, für die häufig eine Menge Geld ausgegeben wird.