04.07.2008
Umfrage zum Palästina-Konflikt in arabischen Staaten

Welche Rolle spielt der israelisch-palästinensische Konflikt heute noch für die Bürger arabischer Staaten? Dieser Frage geht der Politikwissenschaftler Shibley Telhami in einer Studie für das Saban Center for Middle East Policy nach. Dafür analysierte Telhami Meinungsumfragen die er seit 2002 in sechs arabischen Staaten - Ägypten, Saudi-Arabien, Libanon, Marokko, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate - durchgeführt hat.

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass der arabisch-israelische Konflikt unverändert ein zentrales Thema für die meisten Araber ist. Insgesamt gaben 2008 86% der Befragten an, der Palästina-Konflikt gehöre zu den drei wichtigsten Themen. 2005 lag dieser Wert noch bei 69%. Am höchsten ist die Identifikation mit der Lage der Palästinenser in Jordanien und dem Libanon, wo 100% bzw. 99% der Befragten erklärten, der Konflikt gehöre zu den drei wichtigsten Themen, am niedrigsten war der Wert mit jeweils 82% in Marokko und Saudi-Arabien.

Die Umfrage wurde im März diesen Jahres durchgeführt, zu der Zeit als durch Militäraktionen der israelischen Armee im Gazastreifen mehr als 140 Palästinenser getötet wurden und die Enttäuschung über den Fortschritt des in Annapolis angestoßenen Friedensprozesses wuchs.

Die von der Annapolis-Konferenz erhoffte Stärkung der moderaten Kräfte um Palästinenserpräsident Mahmud Abbas blieb offenbar aus. Danach gefragt mit welcher Partei man im inner-palästinensischen Machtkampf sympathisiere, erklärten 37% "zu einem gewissen Grade mit beiden", 18% nannten die Hamas und 8% die Fatah. In jedem der untersuchten Länder lag die Hamas vor der Fatah, am größten war der Zuspruch für die Islamisten in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 52%, die Fatah erhielt im Libanon mit 20% die größte Zustimmung.

Für die Lage im Gazastreifen machten 39% der Befragten sowohl die Fatah als auch die Hamas verantwortlich; 23% sahen die Verantwortung bei der von Mahmud Abbas ernannten Regierung, 15% bei der Hamas-Regierung in Gaza. In Palästina selbst hätten im März 2008 laut einer von Shibley Telhami zitierten Umfrage des Palestinian Center for Policy and Survey Research bei Wahlen 42% für die Fatah und 35% für die Hamas gestimmt.

Des weiteren wurde in der Umfrage danach gefragt, welche zwei Schritte die USA unternehmen sollten, um ihr Ansehen unter den Arabern zu stärken. Wie schon 2006 liegt hier die Vermittlung eines Friedens im Nahen Osten mit einem Israel in den Grenzen von 1967 und der Errichtung eines palästinensischen Staates mit Jerusalem als seiner Hauptstadt an erster Stelle. Jeder zweite Befragte nannte diesen Punkt.

An zweiter Stelle liegt der Abzug der US-Truppen von der arabischen Halbinsel (46%), knapp gefolgt von der Forderung nach einem Abzug aus dem Irak (44%). Gerade die beiden letzten Punkte haben in den vergangenen beiden Jahren an Bedeutung gewonnen. 2006 nannte nur jeder Dritte den Abzug aus dem Irak und nur 22% den Abzug von der arabischen Halbinsel.

Die Verbreitung der Demokratie durch die USA im Nahen Osten wird demgegenüber nicht als Mittel gesehen, das geeignet wäre das Ansehen Amerikas in der Region zu stärken. Nur 13% nennen diesen Punkt, ebenso viele wünschen sich mehr wirtschaftliche Hilfe von Washington.

Hinsichtlich einer friedlichen Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts äußerten sich die Befragten skeptisch. 55% von ihnen erklärten, sie glaubten nicht daran, dass der Konflikt jemals beigelegt werden könnte. 19% der befragten Araber erklärten, sie seien prinzipiell gegen eine Zwei-Staaten-Lösung. Nur 13% glauben an einen Friedensschluss innerhalb der nächsten fünf Jahre.

Der inner-islamische Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten spielt in der Wahrnehmung der Araber hingegen offenbar keine Rolle. Bei der offenen Frage nach der beliebtesten Führungsfigur nannten die meisten Umfrageteilnehmer Hassan Nasrallah, den Generalsekretär der schiitischen Hizbollah - auch Araber aus den fast ausschließlich von Sunniten bewohnten Ländern wie Marokko, Ägypten oder Jordanien, deren Regierungen sich öffentlich gegen die Hizbollah gestellt haben. Auf Platz zwei und drei landeten die beiden wichtigsten internationalen Verbündeten Nasrallahs, Bashar al-Assad und Mahmud Ahmadinejad - beide keine Sunniten.

Auf die Frage nach den beiden Staaten, von denen die größte Bedrohung ausgeht , nannten 95% Israel und 88% die USA. Den Iran nannten nur 7%, 4% weniger als noch 2006.