Ägyptens Nationalversammlung hat am Sonntag ein Gesetz verabschiedet, das die Verstümmelung weiblicher Genitalien ab sofort unter Strafe stellt. Bei Zuwiderhandlung drohen künftig Geldstrafen zwischen umgerechnet 120 und 600 Euro oder Haftstrafen von drei Monaten bis zwei Jahren.
Bereits 1997 hatte das Gesundheitsministerium versucht, der gerade in Oberägypten weitverbreiteten Praxis Einhalt zu gebieten, als es festlegte, dass die Beschneidung weiblicher Genitalien nur von Ärzten und nur "in Ausnahmefällen" durchgeführt werden dürfe. Im Juni 2007 erließ das gleiche Ministerium ein Dekret, das allen Medizinern die Durchführung dieser Operation untersagte. Doch auch das am Wochenende beschlossene Gesetz sieht Ausnahmen vor, wenn eine "medizinische Notwendigkeit" für eine Beschneidung vorliegt.
Ein zweites Gesetz erlaubt Müttern künftig, ihre Kinder unter ihrem Namen registrieren zu lassen. Bislang trugen außerehelich geborene Kinder automatisch den Familiennamen des Vaters. Beide Parlamentsbeschlüsse wurden gegen die Stimmen der im Parlament vertretenen Muslimbrüder getroffen. Sie argumentierten, dass die Registrierung der Kinder mit dem Familiennamen der Mutter koranischen Bestimmungen widerspreche.
Auch die Beschneidung der Frau sei Teil der islamischen Werte und Traditionen und widerspreche nicht der Sharia. Einen anderen Standpunkt in dieser Frage vertritt der ägyptische Großmufti Ali Gomaa. Weder im Koran noch in der Sunna werde die Beschneidung der weiblichen Genitalien gutgeheißen. Nachdem im Juni 2007 ein Mädchen an den Folgen der Verstümmelung starb, erklärte Gomaa die Beschneidung nicht nur für unislamisch sondern für verboten. Auch eine Konferenz islamischer Gelehrte an der Azhar-Universität ächtete im November 2006 die Genitalverstümmelung.
Befürworter der Beschneidung berufen sich auf einen Hadith, also einen Ausspruch des Propheten Muhammad, indem dieser zu einer Beschneiderin weiblich Sklaven gesagt haben soll: "Wenn du schneidest übertreibe nicht, denn dass ist angenehmer für die Frau und besser für den Mann." Dieser Hadith gilt jedoch als schwach, da die Überliefererkette, die den Ausspruch bis zu seiner Verschriftlichung weitertrug, unvollständig ist. Andere Befürworter argumentieren, dass Muhammad die vorislamische Tradition der weiblichen Beschneidung nicht ausdrücklich verbat und diese somit billigte.