21.04.2008
Kairo - Ausstellung erinnert an 60. Jahrestag der Nakba

In der Kairoer Townhouse Gallery wurde gestern Abend eine Ausstellung mit dem Titel "Between the Walls" eröffnet, die die Situation der Palästinenser im Gazastreifen und dem Westjordanland 60 Jahre nach der Staatsgründung Israels aus zwei unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. In der Arabischen Welt werden die israelische Staatsgründung am 14. Mai 1948 und die Flucht Hunderttausender Palästinenser in den Monaten vor und nach der Ausrufung des jüdischen Staates als Nakba, Katastrophe, bezeichnet.

Ein Teil der Ausstellung zeigt Fotos des Deutsch-Ägypters Philip Rizk, die er im Januar 2008 in Gaza machte. Die Aufnahmen bilden das normale Leben in dem abgeriegelten Küstenstreifen ab, jenseits der Fernsehbilder, die Tag für Tag über die Bildschirme flimmern. Zu sehen sind etwa Kinder, die inmitten verwüsteter Häuserzeilen einen Drachen steigen lassen oder zur Untätigkeit gezwungene Fischer, die ihre Zeit im Hafen mit Domino-Spielen totschlagen. Einige der Fotos hat Philip Rizk, der von 2005 bis 2007 in Gaza lebte und für die Aufnahmen im Januar dieses Jahres dorthin zurückkehrte, auf seinem Blog veröffentlicht.

Daneben werden in der Galerie zwei kurze Dokumentarfilme der Harvard-Studentin Maryam Monalisa Gharavi gezeigt. In einem Film wird kurz der Tagesablauf eines Fischers aus Gaza porträtiert. Der Mann schildert die Folgen, die das Embargo für seinen Lebenserwerb hat. Defekte Teil des Bootsmotors können nicht repariert werden, da die Ersatzteile nicht eingeführt werden dürfen, selbst neue Fischernetze dürfen nicht in den Gazastreifen importiert werden, so der Fischer. Ein zweiter kurzer Dokumentarfilm zeigt den verheerenden Zusatnd einer Farm in Beit Hanoun. Viele Ställe sind vollkommen verwaist, für die wenigen verbliebenen Rinder reicht das Futter kaum.

Eine zweite Fotoausstellung zeigt Bilder aus dem ehemaligen Gefängnis al-Faraa in der Nähe von Nablus im Westjordanland. 1932 von der britischen Protektoratsmacht als Kaserne errichtet, diente es irakischen Soldaten während des ersten arabisch-israelischen Krieges 1948 abenfalls als Armeelager. Bis zur israelischen Eroberung der West Bank 1967 war al-Faraa ein jordanischer Armeestützpunkt. Im April 1982 wurde auf Befehl des israelischen Armee-Stabschefs Rafael Eitan in al-Faraa ein Internierungslager eingerichtet, in dem die Israeli Defense Forces (IDF), vor allem Jugendliche festhielt, die an Aktionen gegen die israelische Besatzung, etwa Steinewürfen oder dem Sprayen israel-feindlicher Graffiti beteiligt oder mutmaßliche Mitglieder der Jugendorganisationen von Fatah, PFLP oder Hamas waren. 1995 gaben die Israelis das Gefängnis auf, in dem seither ein Jugendzentrum eingerichtet wurde. Ein Teil des Komplexes ist jedoch als Museum erhalten geblieben.

Diesen Gefängnisteil hat der Amerikaner Michael Kennedy, Student an der American University of Cairo, im vergangenen Jahr mit Raed, einem ehemaligen Häftling in al-Faraa, besucht und fotografiert. In den Erklärungen zu den Bildern, die Gefängniszellen, den Innenhof und Inschriften der Gefangenen an den Zellwänden zeigen, schildert Raed, der als 14-Jähriger in al-Faraa festgehalten wurde, die Demütigungen und Misshandlungen, denen er in den 3 Monaten seiner Haft ausgesetzt war. So habe jeder Insasse nach Ankunft im Gefängnis eine Nummer erhlaten unter der er sich fortan zu melden habe. Zudem hätten sich die jungen palästinensischen Männer vor israelischen Soldatinnen ausziehen müssen. Stundenlang hätten die Jugendlichen schweigend in der Hitze des Innenhofs stehen müssen. Wer nicht mit den Israelis kooperierte, sei im X-Trakt in Einzelhaft genommen und in kleine Zellen gesteckt worden, die nur für 10 Minuten pro Tag verlassen werden durften. Nach wenigen Wochen sei der Wille vieler der Insassen gebrochen worden und sie hätten sich bereit erklärt künftig mit der israelischen Armee zu kooperieren.

Die Ausstellung ist noch bis zum 29. April zu sehen.