07.04.2008
Streikbeobachtungen in Ägypten

Die Einschüchterungstaktik des ägyptischen Staates hat offenbar Wirkung gezeigt: Große, öffentlichkeitswirksame Proteste sind am gestrigen Streiktag in Ägypten ausgeblieben. Versuche einzelner Oppositionsgruppen in Kairo oder anderen Städten im Nildelta gegen steigende Preise und niedrige Löhne zu demonstrieren wurden schon im Keim erstickt.

Zwar waren in Kairo deutlich weniger Autos unterwegs als an normalen Werktagen und offenbar hatten sich auch einige Privatunternehmen dem Streikaufruf angeschlossen, Proteste fanden in der Hauptstadt jedoch praktisch nicht statt. Schon am Vorabend bezogen an den wichtigen Plätzen und Kreuzungen verstärkt Sicherheitskräfte Stellung. Oppositionelle und offenbar auch einige Blogger, die den Streikaufruf unterstützt hatten, wurden vorsorglich festgenommen. Hinzu kam gestern der Khamsin der Regierung zu Hilfe, ein dichter Sandsturm der die Sicht in Kairo stundenlang auf weniger als hundert Meter einschränkte.

Im Vorfeld des Streiks, zu dem im Internet und per SMS aufgerufen wurde, hatte die Regierung eindrücklich gewarnt, dass man mit Härte gegen Proteste vorgehen werde. Seit dem Attentat auf Anwar al-Sadat 1981 herrscht in Ägypten offiziell Ausnahmezustand, der Streiks und Demonstrationen verbietet.

In der Presse wurde der Streikaufruf weitgehend totgeschwiegen. Die staatlich kontrollierten Gewerkschaften riefenn ihre Mitglieder auf, zur Arbeit zu erscheinen. Am Wochenende veröffentlichte dann auch die Azhar-Universität pflichtschuldig ein Rechtsgutachten, das die Teilnahme am Streik untersagte.

Auch von der zahlenstärksten Oppositionsgruppe in Ägypten, den Muslimbrüdern, kam nur eine sehr halbherzige Zustimmung zum Streikaufruf. Man teile zwar die Ziele des Streiks, habe sich jedoch entschlossen sich nicht am Ausstand zu beteiligen. In den vergangenen Wochen sind nach eigenen Angaben mehr als 1000 Anhänger der Muslimbruderschaft festgenommen worden.

Allen anderen Oppositionsparteien fehlt es nach mehr als 26 Jahren Mubarak an Popularität und den notwendigen Organisationsstrukturen um die Regierung ernsthaft herauszufordern. Die Frustration unter den Ägyptern mit der Regierungspolitik ist sehr groß, allerdings gibt es momentan niemanden, der diesen Unzufriedenen eine Stimmer verleiht und hinter sich versammelt.