01.02.2008
Libanesische Zeitungen zum Winograd-Bericht

Am Mittwoch hat die von der israelischen Regierung eingesetzte Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Richters Eliahu Winograd zur Untersuchung der politischen und militärischen Fehler Israels während des Zweiten Libanonkriegs ihren Abschlussbericht vorgelegt.

Dazu hier ein paar Artikel von den Meinungsseiten libanesischer Tageszeitungen:

Die Winograd-Kommssion bestätigt, dass Israel die Initiative für den Krieg ergriff und erkennt an, dass Israel weder den Krieg gewonnen, noch seine Ziele erreicht hat.
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Der Bericht enthüllt die Schwäche der inneren Front des zionistischen Gebildes und seine fehlende Vorbereitung für den Krieg. Er macht die Armee dafür verantwortlich, nicht schnell gehandelt zu haben um das Abfeuern der Raketen bis weit nach Israel zu verhindern. Es war der Waffenstillstand der das Abfeurern stoppte, nicht Israels [militärische] Fähigkeit.
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Der Widerstand hat Akko und Haifa im Julikrieg nicht befreit. Und er hat auch keine strategische Balance zwischen ihm und dem Feind hergestellt. Aber sie haben ihre Fähigkeit demonstriert, den Feind scheitern zu lassen, ihn am militärischen Sieg zu hindern und seine innere Front moralisch und wirtschaftlich zu beeinflussen.
Israel wird heute als militärisches Werkzeug der westlichen Staaten und besonders Amerikas angesehen. Wenn Israel seine Fähigkeit verliert einen entscheidenden Sieg zu landen und die politischen Ziele des Kriegs zu erreichen, gibt es seine Rolle in der Region auf, verliert seinen Wert für Amerika und wird zu einer Last für die Vereinigten Staaten. Was wäre, wenn sich das strategische Geleichgewicht zwischen [Israel] und den Arabern und Iran verwirklicht?

Zum ersten Mal seit 1948 erkennt der israelische Feind die Niederlage an, die er im Aggressionskrieg vom Juli 2006 gegen den Libanon erlitten hat.
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Der Bericht verwendet nicht explizit das Wort Niederlage und versucht die Folgen dieses Worts zu lindern, indem er stattdessen das Wort "Nicht-Sieg" benutzt. Aber die Beschreibungen, die die Fakten des Nicht-Sieges erklären sollen - es reicht die Standfestigkeit der Hizbollah, die Unterstützung des libanesischen Armee und die Einheit der Libanesen zu nennen - all das trug dazu bei dem Bösen des israelischen Feindes Niederlagen zuzufügen.
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Im israelischen Bewusstsein werden die Kaskaden an Siegen, die der Feind stets gegen Araber errungen hat, ausgelöscht. Im arabischen Bewusstsein wird die Schande der Niederlagen, die sich in mehr als einem halben Jahrhundert angehäuft haben, schrittweise ausgelöscht.
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Nach dem Winograd-Bericht wird niemand in Israel versuchen Frieden zu erreichen außer durch Israels Abschreckungsmacht - und dies bedeutet nicht Frieden sondern Kapitulation, wenn nicht Schlimmeres.

Israels vorrangiges Ziel mit dem Bericht scheint zu sein, Wege zu bestimmen, mit denen es seine Feinde in der nächsten Konfrontationsrunde auslöschen kann. Aber selbst wenn die Israelis alle Hizbollah-Kämpfer in einem weiteren Krieg vernichten, einschließlich des Widerstandsführers Sayyed Hassan Nasrallah, würde die barbarische Agression die dafür notwendig wäre sicherstellen, dass schon bald jemand aufsteigen würde, der ein viel größeres Hindernis für den jüdischen Staat darstellen würde.
Der Feind den die Israelis gröblich als "Terrorismus" verunglimpfen hat Wurzeln und Ursachen die auf historischen Ereignissen basieren und die Israelis können es sich schlecht leisten weiterhin eine entscheidende Lektion von ihrer eigenen Geschichte zu ignorieren: Die Folgen ihrer Agression stehen in Konflikt mit dem Ziel des Überlebens ihres Staats. Ein ewiges Verlassen auf massive Dosen an Gewalt um Probleme zu lösen hat nur zum Aufstieg neuer und komplizierterer Probleme geführt und das wird so weitergehen bis die Israelis einen radikal neuen Weg einschlagen - den Weg des Friedens.
Mit Winograd als ihrer einzige Road Map mögen die Israelis für den nächsten Krieg besser vorbereitet sein. Aber sie werden eine noch größere Chance für Frieden verpassen und die Existenz ihres Staats weiter gefährden.

  • al-Akhbar kommentiert ironisch die Rolle der libanesischen Regierung während des Libanonkriegs:

Der Bericht erwähnt nicht die kluge Diplomatie von Ministerpräsident Fouad Siniora, die die USA zwang, ihre Position der Unterstützung Israels aufzugeben und sie zu zwingen, den Krieg so schnell wie möglich zu stoppen. Der Bericht geht auch nicht näher auf Sinioras Tränen ein, von denen er sagte sie hätten eine größere Wirkung als die Raketen gehabt. Der Bericht erzählt nicht von der Panik die den Staat Israel erfasste, nach dem Minister Ahmad Fatfat die Schlacht von Marjayoun führte. Der israelische Bericht hat all diese wichtigen Stationen des Julikriegs weggelassen, die das Pressebüro des libanesischen Ministerpräsidenten veröffentlicht hatte.