21.12.2007
Studie zu ausländischen al-Qaida-Kämpfern im Irak

Die meisten ausländischen al-Qaida-Kämpfer im Irak kommen aus Saudi-Arabien und Libyen. Dies geht aus einer Studie hervor, die das "Combating Terrorism Center" der US-Militärakademie in West Point am Mittwoch veröffentlichte.

Für den Bericht wurden die Daten von 606 Dokumenten ausgewertet, die offenbar so etwas wie Mitgliedsausweise für das Terrornetzwerk al-Qaida im Irak darstellten. Auf ihnen sind unter anderem Namen, Herkunft, Geburtsdatum, sowie die Namen derjenigen vermerkt die den jeweiligen Kämpfer für al-Qaida rekrutierten. Daneben finden sich Informationen über den Zeitpunkt der Einreise in den Irak und die Route, die die Kämpfer nahmen.

Diese Mitgliederkarteien wurden offenbar von zwei mit al-Qaida verbündeten Gruppen geführt, dem "Shura-Rat der Mujahidin" und dem "Islamischen Staat Irak", in welchem der Shura-Rat später aufging. Nach eigenen Angaben stießen die Koalitionstruppen im Oktober 2007 während einer Razzia in dem Ort Sinjar nahe der syrisch-irakischen Grenze auf die Aufzeichnungen. Der Fundort legt den Schluss nahe, dass die hier registrierten Kämpfer durch Syrien in den Irak gelangten.

Auf 595 der 606 Mitgliedsausweise ist die Nationalität des Kämpfers verzeichnet. 244 von ihnen, das sind 41%, stammen aus Saudi-Arabien. Dahinter folgt Libyen von wo aus 112 (18%) der von al-Qaida registrierten ausländischen Kämpfer kamen. Aus Syrien, Jemen und Algerien stammen jeweils 8, bzw. 7% der eingeschriebenen Mitglieder, Marokko und Jordanien stellten 6, respektive 2% der Kämpfer für einen "islamischen Staat im Irak".

Besonders auffällig ist der hohe Anteil junger libyscher Männer unter den al-Qaida-Kämpfern im Irak. Bisherige Schätzungen waren davon ausgegangen, dass weniger als 5% der selbsternannten Mujahidin im Irak aus Gadhafis Staat kommen. Noch im Juli 2007 wurde der Anteil der Nordafrikaner unter den al-Qaida-Leuten im Zweistromland auf nur 10% geschätzt. Die Listen aus Sinjar weisen 20% der Kämpfer als Libyer aus. Rechnet man Algerier und Marokkaner hinzu, liegt der Schluss nahe, dass etwa jeder Dritte ausländische al-Qaida-Mann im Irak aus Nordafrika stammt.

Noch frappierender ist das Ergebnis wenn man die Zahl der in Sinjar registrierten Kämpfer mit der Einwohnerzahl ihrer Herkunftsländer in Relation setzt. So kommen in Libyen etwa 18 al-Qaida-Leute auf 1 Million Einwohner, in Saudi-Arabien nur 9.

Die gefundenen Karteikarten zeigen zudem, dass ein großer Teil der libyschen Kämpfer zwischen Mai und Juli 2007 in den Irak einreisten. Vermutlich hängt dies mit der Entwicklung der "Islamischen Kampfgruppe in Libyen" zusammen, die in den letzten Monaten offenbar immer stärker mit al-Qaida kooperierte und Anfang November offiziell ihren Anschluss an das Terrornetzwerk bekanntgab.

In vielen Fällen wurde auf den Registerkarten auch der Herkunftsort der al-Qaida-Kämpfer vermerkt, so dass sich die jeweiligen Zentren der militanten Islamismus in den einzelnen Staaten recht gut lokalisieren lassen. Im Falle Saudi-Arabiens kam fast die Hälfte der registrierten Männer aus Riyadh bzw. der Stadt des Propheten Muhammad, Mekka.

Von den libyschen al-Qaida-Mitgliedern stammten über 60% aus der Stadt Darnah im Nordosten des Landes. Die nur 80000 Einwohner zählende Stadt in der Cyrenaica gilt seit langem als Zentrum der islamistischen Opposition gegen Libyens Herrscher Muammar al-Gadhafi. Aus Darnah stammten genauso viele Kämpfer wie aus dem mehr als 4 Millionen Einwohner zählenden Riyadh.

Im Schnitt waren die registrierten Kämpfer zwischen 22 und 25 Jahre alt. Der Älteste war bei seiner Einreise 54, der Jüngste hatte gerade seinen 15.Geburtstag gefeiert. Ein Großteil der al-Qaida-Männer waren Studenten.

Mit penibler Sorgfalt wurde auch die "Arbeit" vieler ausländischen al-Qaida-Mitglieder vermerkt. Diese teilte sich im wesentlichen in zwei Bereiche auf - "Selbstmordattentäter" und "Kämpfer". Demnach waren 56% der Männer als Selbstmordattentäter vorgesehen, 42% als Kämpfer.

Unter dem Strich zeigt die Studie, immer vorausgesetzt die in Sinjar gefundenen Dokumente sind authentisch, mehrere interessante Trends. Offenbar sind militante nordafrikanische Islamistengruppen für al-Qaida immer wichtiger. Dort werden junge Männer zumeist in Gruppen für den Kampf im Irak geworben. Gerade Universitäten scheinen dabei ein wichtiger Ort zur Rekrutierung neuer al-Qaida-Männer geworden zu sein.

Die Autoren der Studie fordern die US-Regierung auf, verstärkt die Zusammenarbeit mit den arabischen Staaten, namentlich Syrien und Libyen, zu suchen, die sich in ähnlicher Weise von der salafistisch-jihadistischen Ideologie der al-Qaida bedroht fühlen. Durch diese Kooperation könne der Zustrom ausländischer Kämpfer in den Irak bereits an seinem Ausgangspunkt gestoppt werden.