Der Iran hat sein Atomprogramm im Herbst 2003 auf Eis gelegt und ist nach jetzigem Stand acht Jahre von der Entwicklung einer Nuklearwaffe entfernt. Dies geht aus dem Bericht "Iran - Nuclear Intentions and Capabilities" hervor, der vom National Intelligence Council herausgegeben wurde und auf Erkenntnissen der 16 amerikanischen Geheimdienste basiert.
Die Kernaussagen des 9-seitigen Berichts, der der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde:
- Bis zum Herbst 2003 hat das iranische Militär an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet
- Bis Mitte 2007 wurde das Programm nicht wieder aufgenommen, ob der Iran gegenwärtig die Entwicklung von Nuklearwaffen anstrebt ist unklar
- Iran verfügt derzeit nicht über Nuklearwaffen
- Teherans Entscheidung das Atomwaffenprogramm einzustellen legt nahe, dass [Teheran] weniger entschlossen scheint Nuklearwaffen zu entwickeln, als dies noch 2005 den Anschein hatte. Das Programm wurde wahrscheinlich auf Grund des wachsenden internationalen Drucks unterbrochen, was den Schluss nahe legt, dass der Iran empfindlicher auf Einflüsse von Außen reagiert als erwartet.
- Es ist höchst unwahrscheinlich, dass der Iran spaltbares Material aus dem Ausland importiert hat, das ausreichend für den Bau einer Atomwaffe wäre.
- Iran hat siginifikante technische Probleme beim Betrieb der Uranzentrifugen in Natanz
- Es ist höchst unwahrscheinlich, dass der Iran bis Ende 2009 genügend hochangereichertes Uran für den Bau einer Waffe hergestellt haben wird.
- Es ist möglich, dass der Iran zwischen 2010 und 2015 über die technischen Möglichkeiten verfügen wird, eine ausreichende Menge an hochangereichertem Uran zu produzieren. Alle Geheimdienste weisen jedoch auf die Möglichkeit hin, dass diese Fähigkeit erst nach 2015 erlangt werden könne.
- Iran entwickelt weiterhin technische Fähigkeiten, die auch für die Entwicklung von Atomwaffen genutzt werden könnten. Das zivile Programm zur Urananreicherung wird unvermindert fortgesetzt.
- Es gibt nicht genügend Erkenntnisse darüber, ob die iranische Führung das militärische Atomprogramm für unbegrenzte Zeit aussetzt oder ob es Kriterien gibt, die den Iran zu einer Wiederaufnahme bewegen könnten.
- Teherans Entscheidungen basieren auf Kosten-Nutzen-Rechnungen. Daher könnte Teheran mit einer Kombination aus internationaler Überwachung und Druck einerseits und dem Aufzeigen von Möglichkeiten zur Wahrung seiner Sicherheit, seines Prestiges und seines regionalen Einflusses auf anderen Wegen zu einem dauerhaften Stopp seines Nuklearprogramms bewegt werden.
- Nur eine iranische politische Entscheidung zur Aufgabe des Atomwaffenprogramms würde den Iran glaubhaft davon abhalten, schließlich Nuklearwaffen zu produzieren.
- Der Iran würde versteckte Anlagen zur Urananreicherung nutzen. Dies war nach Geheimdiensterkenntnissen bis Herbst 2003 der Fall.
- Bis 2015 wird der Iran nicht in der Lage sein, genügend Plutonium für den Bau einer Waffe zu produzieren.
- Der Iran hat die wissenschaftlichen, technischen und industriellen Kapazitäten um Nuklearwaffen zu produzieren, sollte es sich dazu entscheiden, dies zu tun.
Wie praktisch bei allen Geheimdienstberichten liegt bislang im Dunkeln, aus welchen Quellen sich dieser Bericht speist. Sehr wahrscheinlich ist jedoch, dass Aussagen des ehemaligen Generals der iranischen Revolutionsgarden und Ex-Ministers Ali-Reza Asgari zu den neuen Erkenntnissen beigetragen haben. Asgari war am 7.Februar 2007 in Istanbul verschwunden. Nach Angaben iranischer Medien wurde Asgari von CIA und Mossad entführt, israelische Zeitungen berichteten hingegen, der Mann sei übergelaufen. Die panarabische Zeitung "al-Sharq al-Awsat" berichtete schon damals, dass Asgari wichtige Informationen über das iranische Atomprogramm besitze.
Geht man von Asgari als maßgeblicher Quelle für den Bericht aus, würde dies gleichzeitig bedeuten, dass die US-Regierung schon seit mehreren Monaten vom tatsächlichen Stand des iranischen Programms wusste, der sich nicht mit den alarmierenden Aussagen des US-Präsidenten deckte. Noch im Oktober hatte George Bush von einem möglichen 3.Weltkrieg gesprochen, sollte der Iran die Fähigkeit gelangen hochangereichertes Uran zu produzieren. Der nationale Sicherheitsberater Stephen Hadley wollte beim gestrigen Pressebriefing keine genauen Angaben darüber machen, ob Bush zu diesem Zeitpunkt von den neuesten Geheimdiensterkenntnissen wusste.