Libanesische Sicherheitskräfte haben 4 Verdächtige im Zusammenhang mit dem gestrigen Anschlag auf General Francois al-Haj festgenommen. Ein Mann sei bereits kurz nach dem Bombenattentat im Beiruter Vorort Baabda aufgegriffen worden, drei weitere Verdächtige seien bei einer Razzia in der Ortschaft Taamir, unweit des palästinensischen Flüchtlingslagers Ain al-Helweh, verhaftet worden. Über die Herkunft der Männer ist bislang nichts bekannt. Ersten Erkenntnissen zufolge waren etwa 35 Kilogramm TNT in einem oilv-grünen BMW platziert worden, die per Fernsteuerung gezündet wurden, als der Konvoi des Generals vorbeifuhr. Dieser sei 8 Minuten vor der Explosion von einem der Verdächtigen abgestellt worden.
Schon kurz nach dem Anschlag auf einen der ranghöchsten Militärs im Libanon und möglicherweise zukünftigen Oberbefehlshaber der Armee begannen die verschiedenen Fraktionen der libanesischen Politik mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Das Regierungslager machte Syrien für das Attentat verantwortlich, mit dem Damaskus den Libanon weiter destabilisieren und zum anderen eine Warnung an den designierten neuen Präsidenten und jetzigen Armee-Chef Michel Sleiman senden wolle. Syrien wies diese Anschuldigungen zurück und erklärte, "Israel und seine Agenten im Libanon" seien die eigentlichen Profiteure des Anschlags auf den "Märtyrer Francois al-Haj".
Anders als die prominenten Politiker und Journalisten, die seit 2005 in einer Anschlagsserie ermordet wurden, war der Maronit Francois al-Haj kein erklärter Gegner Syriens. 1953 in Rmeich, einem christlichen Dorf unweit der israelischen Grenze als ältestes von 12 Kindern geboren, stieg er nach Abschluss der Militärakademie während des libanesischen Bürgerkriegs in der Hierarchie der Armee empor. Angeblich soll Israel 1976 einen Attentatsversuch auf ihn unternommen haben, nachdem sich al-Haj weigerte zur mit Israel verbündeten "Free Lebanon Army", derm Vorläufer der "South Lebanese Army" überzulaufen.
Seine Weigerung entschieden gegen die Hizbollah im Südlibanon vorzugehen, habe in den 1980 zu seiner Versetzung in Gebiete nördlich des Litani-Flusses geführt. In den letzten Jahren des Bürgerkriegs verhielt sich Haj loyal zum damaligen Armee-Kommandeur und heutigen christlichen Oppositionsführer Michel Aoun und unterstützte ihn in seinem Kampf gegen die Lebanese Forces unter Samir Geagea. Die enge Verbindung zu Aoun soll auch während Aouns Zeit im französischen Exil und in den zwei Jahren seit seiner Rückkehr in den Libanon Bestand gehabt haben.
Ort und Zeitpunkt des Attentats vom Mittwoch sind nicht frei von Symbolik. Die Bombe detonierte unweit des Praäsidentenpalastes in Baabda, der seit dem Amtsende von Emile Lahoud am 24.11. verwaist ist. Zudem jährte sich genau gestern die Ermordung des anti-syrischen Journalisten und Politikers Gebran Tueni zum zweiten Mal.
Im Sommer dieses Jahres leitete Francois al-Haj den Einsatz der libanesischen Armee gegen die Fatah al-Islam im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared. Nach mehr als drei Monaten Belagerung wurden zwar viele Fatah al-Islam-Kämpfer getötet oder festgenommen, gleichwohl konnte eine unbekannte Zahl von ihnen entkommen, darunter auch der mutmaßliche Kopf der Gruppe, Shaker al-Absi.
Daher kann auch eine Ermordung al-Hajs durch Resttruppen der Fatah al-Islam oder andere sunnitische islamistische Gruppen im Libanon in Betracht gezogen werden, die Rache für ihre Niederlage in Nahr al-Bared nehmen wollten. Ein libanesischer Armee-Angehöriger, der mit der Aufklärung des Anschlags betraut wurde, sagte der Zeitung "Al-Safir": "Das Verbrechen könnte von einer Gruppe verübt worden sein, die unwichtiger ist als al-Qaida aber größer als Fatah al-Islam".