Der Chouf, eine Berglandschaft im Suedwesten Beiruts, ist das Herzland der Drusen im Libanon. Mehrfach das Gebiet Schauplatz blutiger Kaempfe zwischen Drusen und Christen, zuletzt waehrend des libanesischen Buergerkriegs als die drusische Miliz Walid Jumblatts hunderte Christen toetete und Tausende aus dem Chouf vertrieb.
Am vergangenen Freitag verlassen wir in Damour die Kuestenstrasse, die Beirut mit Saida und Tyros verbindet, und biegen in ein enges Tal, dass uns langsam in die Berge des Chouf fuehrt. Nach knapp 20 Kilometern erreichen wir das Dorf Deir al-Qamar, das im 17.Jahrhundert so etwas wie die Hauptstadt des Libanon war. Fakhreddine II, Spross der drusischen Maan-Dynastie, hatte Anfang des 17.Jahrhunderts jene Gebiete dem Einfluss der osmanischen Zentralgewalt entzogen, die in etwa dem heutigen Libanon entsprechen.
Der historische Ortskern im heute fast ausschliesslich von Christen bewohnten Deir al-Qammar hat den Buergerkrieg weitgehend unbeschadet ueberstanden. Fakhreddine hatte im Kampf gegen die Osmanen ein Buendnis mit der italienischen Medici-Familie geschlossen, auch in der Architektur der Haueser rund um den Hauptplatz laesst sich der italienische Einfluss ablesen. Der zentrale Platz in Deir al-Qammar, an dem sich auch die aelteste existierende Moschee des Landes befindet, ist mittlerweile nach Camille Chamoun benannt worden, dem ehemaligen libanesischen Praesidenten, der im Ort geboren wurde.
Durch stroemenden Regen fahren wir einige Kilometer weiter bergauf nach Beiteddine. Emir Bashir Shihab II, liess in diesem Ort einen gleichnamigen Palast errichten, dessen Bau 30 Jahre in Anspruch nehmen sollte. Auch hier laesst sich in der Architektur der Einfluss des italienischen Barock ablesen. Die Saele sind sehr prunkvoll eingerichtet, der Marmor fuer die Bodenfliesen kam aus Carrara, das Zedernholz fuer die Taefelungen aus den umliegenden Waeldern, die Handwerker aus Damaskus. Ein Teil des weitlaeufigen Palastes, der sich ueber mehrere Ebenen erstreckt, ist bis heute Sommersitz des libanesischen Praesidenten. Emile Lahoud wird hier wohl wieder einige Sommerwochen verbringen. Daran wird ihn auch der starke Mann des Nachbarorts nicht hindern koennen - Drusenfuehrer Walid Jumblatt, der dem Staatschef in inniger Abneigung zugetan ist.
Die Religionsgemeinschaft der Drusen entwickelte sich im Laufe des 11.Jahrhunderts innerhalb der ismailitischen Gemeinde. Die meisten Drusen bezeichnen sich selbst als Muslime, die Grundlagen ihres Glaubens werden jedoch massgeblich von der griechischen Philosophier beeinflusst. Da der drusische Glaube den Charakter einer Geheimreligion traegt, ueber deren Praktiken Andersglaeubige kaum etwas erfahren werden die Drusen von Sunniten und Schiiten haeufig kritische beeaugt. Heute leben etwa 250000 Drusen im Libanon, deren grosse Mehrheit sich politisch der Fortschrittlichen Sozialistischen Partei (PSP) von Walid Jumblatt zugehoerig fuehlt.
Die Jumblatt-Familie residiert seit Generationen in einem Palast in dem kleinen Ort Mukhtara. Am Dorfeingang hat die Parteimiliz einen Ckeckpoint eingerichtet, wir als Auslaender werden durchgewunken, als Schiit soll man jedoch in juengster Zeit immer wieder abgewiesen werden. Das Anwesen der Jumblatts duerfen wir am Freitag nicht besuchen, der Hausherr scheint nicht in Mukhtara zu sein. Dafuer koennen wir an das Grab von Kamal Jumblatt treten, Walids Vater und Gruender der PSP. Die Grabplatte ist unter einem Meer von Rosen und Nelken kaum zu erkennen - am Fraitag jaehrte sich Jumblats Todestag zum 30.Mal. Am 16,Maerz 1977 wurde Kamal Jumblatt ermordet, es gilt als wahrscheinlich das der Mordauftrag aus Damaskus kam, da Jumblatt erbitterter Gegner der syrischen Invasion im Libanon war.