Hinter dem Libanon liegt eine Woche relativer Ruhe - seit den Unruhen an der Arabischen Universität Beirut am vergangenen Donnerstag sind weitere Ausschreitungen ausgeblieben, auch die Feierlichkeiten anlässlich des schiitischen Ashura-Festes verliefen ohne Konfrontationen zwischen den verschiedenen Konfessionen. Auch Gerüchte, nach denen sunnitische Extremisten die Tage nach Ashura zu Angriffen auf schiitische Einrichtungen nutzen könnten, haben sich bislang nicht bewahrheitet.
Dies lässt die Hoffnung unter den Libanesen steigen, dass eine Lösung des gegenwärtigen Machtkampfes zwischen Opposition und Regierung doch noch auf dem Verhandlungswege erreicht werden kann. Gleichwohl meinen Viele, dass selbst ein Rücktritt von Ministerpräsident Siniora, Neuwahlen oder ein anderer Kompromiss keine stabile Basis für die politische Entwicklung des Zedernstaates in den kommenden Jahren bilden kann. Dafür bedürfe es eines grundlegenden Mentalitätswandels sowohl innerhalb des Volkes als auch unter den politischen Eliten des Landes.
Seriöse Aussagen über die Unterstützung von Regierung bzw. Opposition im Volk lassen sich nur sehr schwer treffen. Zwar scheint die Opposition momentan die Mehrheit der Libanesen hinter sich zu haben, doch heißt dies nicht, dass viele ihrer Sympathisanten, sollte es zu Neuwahlen kommen, in der Wahlkabine nicht doch wieder ihr Kreuz bei einem Kandidaten des Regierungsbündnisses machen.
Erstaunlich einig sind sich sowohl Anhänger des Regierungslagers als auch der Opposition, dass die Hizbollah von allen politischen Akteuren momentan das geringste Interesse an einer bürgerkiegsähnlichen Zuspitzung der Lage haben dürfte. Damit würde die Partei viel Rückhalt unter ihren Sympathisanten aus dem christlichen oder sunnitischen Lager verlieren. Diesen hatte sich die Bewegung von Generalsekretär Nasrallah verstärkt nach dem Sommerkrieg 2006 erworben, in dessen Folge die Hizbollah nicht mehr nur als schiitische sondern in stärkerem Maße als libanesische Widerstandsbewegung gegen Israel gesehen wird.
Aus diesem Grund bezichtigen viele Oppositions-Anhänger in diesen Tagen die USA und Israel, die Hizbollah in einen neuen libanesischen Bürgerkrieg hineinziehen zu wollen, um die Schiiten-Bewegung zu diskreditieren und somit auch innerhalb des Libanon eine breitere Zustimmung fuer die Entwaffnung der Hizbollah zu erreichen. Viele Sympathisanten Michel Aouns oder der Hizbollah sehen den Führer der maronitischen Lebanese Forces, Samir Geagea, als treibende Kraft hinter Bestrebungen einen neuen Bürgerkrieg an der Levante zu entfachen, schon allein deshalb weil der ruchlose Warlord von einst dieses Handwerk am besten beherrscht.
Umso spannender dürfte sein, wie die nächsten Schritte der Opposition im Machtkampf mit der Regierung sein werden. Nach mehreren Großdemonstrationen, der wochenlangen Belagerung des Regierungsviertels und einem Generalstreik scheinen die Hizbollah und ihre Verbündeten ihr Blatt weitgehend ausgereizt zu haben.