Der sudanesische Islamistenführer Hassan at-Turabi ruft zum Sturz der Regierung in Khartoum auf. Dieser könne durch einen allgemeinen Volksaufstand erreicht werden, so der Chef des "Nationalen Volkskongress".
Vor Journalisten erklärte Turabi gestern, das Friedensabkommen von Abuja, das am 5.Mai zwischen sudanesischer Regierung und der Rebellengruppe "Sudanesische Befreiungs-Armee" (SLA) geschlossen wurde, sei illgetim. Das Abkommen, das die Bürgerkriegsprovinz Darfur befrieden soll, sei lediglich ein Resultat amerikanischen Drucks. Mittlerweile sei die Regierung von Staatschef Omar al-Bashir den USA, "dem Herrn der Erde", nicht aber Allah, "dem Herrn der Himmel", hörig, so Turabi, der als einer der Vordenker des politischen Islams gilt. Von der Regierung in Khartum wird Turabi beschuldigt, die zweite große Rebellengruppe Darfurs, die "Bewegung für Gerechtigkeit und Gliechheit" (JEM) zu unterstützen.
Das Regime al-Bashirs werde stürzen, "wenn das Volk es ersetzt - nicht zum Nutzen eines Regimes oder einer Partei, sondern zum Wohle aller.", so Turabi gegenüber Reuters. Er selbst galt lange Zeit als Mentor des Diktators al-Bashir, überwarf sich aber 1999 mit diesem und verbrachte seither bis zu seiner Freilassung am 28.Juni 2005 knapp fünf Jahre im Gefängnis. In den 90er Jahren galt der heute 74-Jährige als eine Art "Schutzpatron" Usama Bin Ladens, der von 1991 bis 1996 im Sudan Unterschlupf fand.
Seit seiner Freilassung aus dem Gefängnis wurde mehrfach über eine Rückkehr Turabis in die aktive Politik spekuliert. Im vergangenen Monat wurde der Mann, der einst als "Papst des Terrorismus" bezeichnet wurde, von einigen islamischen Gelehrten Sudans zum Apostaten erklärt. In einem Interview mit der in London erscheinenden Zeitung "ash-Sharq al-Awsat" hatte Turabi unter anderem erklärt, eine Frau könne auch nach ihrer Konversion zum Islam mit einem Nicht-Muslimen verheiratet bleiben. Außerdem könne auch eine Frau als Vorbeterin in einer muslimischen Gemeinde tätig sein. Turabis Kollegen betrachteten diese Auslegung von Koran und Hadith als Häresie.