11.03.2006
Syrien vor einem Jahr - Ein Besuch im Oktoberkriegs-Museum

In den kommenden Wochen werden auf alsharq in loser Folge Artikel erscheinen, in denen ich eine Reise nach Syrien und Libanon, die ich vor genau einem Jahr mit R.Chatterjee unternommen habe, Revue passieren lasse.
Los gehen soll es heute mit dem Besuch im „Panorama Harb Tishreen“ in Damaskus, einem Museum indem die Rolle Syriens im Oktoberkrieg, bei uns auch als Yom-Kippur-Krieg bekannt, verherrlicht wird.

Mit einem Microbus ging es einige Kilometer aus dem Stadtzentrum hinaus. Gleich neben einer Schnellstraße liegt das Museum, ein sandsteingelbes achteckiges Gebäude. Vor dem Museum wurde ein kleiner Park angelegt, in seinem Zentrum eine überlebensgroße Statue des syrischen Ex-Staatschefs Hafiz al-Assad, die diesen als Feldherrn mit gebieterische Geste zeigt. Zur rechten des Eingangs befindet sich eine Ausstellung mit Panzern, anderen militärischen Fahrzeugen und Waffen, die die syrische Armee beim Angriff auf Israel 1973 verwendet hat. Auf den Erklärungstafeln lesen wir „Made in Soviet Union, Made in Czechoslovakia oder Made in East Germany.“
Links vom Eingang wird erbeutetes oder zerstörtes israelisches Kriegsmaterial ausgestellt. Zu sehen sind unter anderem die Wracks von „Mirage" oder "Phantom“-Düsenjets. Die dazugehörigen Schilder tragen die Erklärung „America Made" oder "Made in France“, weiter erläutern sie: „The End of the Aggressor“ ( siehe VIDEO). Gleich am Eingang empfängt uns eine freundliche Dame mit toupiertem blondiertem Haar. In feinem Englisch erläutert sie die Rolle der syrischen Armee unter der Führung Hafez al-Assads im Kampf um die Befreiung Palästinas. Sobald allerdings Nachfragen gestellt werden, gerät ihr Englisch etwas holpriger.
Kein Ereignis ist für das Baath-Regime unter den Assads identitäts- und legitimitätsstiftender als der „Harb Tishreen“. In jeder Stadt findet sich eine nach dem Monat Oktober benannte Straße, die größte Zeitung des Landes trägt ebenfalls diesen Titel. Dass am Ende des Krieges israelische Truppen nur noch 30 Kilometer vor Damaskus standen, wird dabei fleißig ausgeblendet.

Im Innern des Achtecks befinden sich zahlreiche Gemälde, die von nordkoreanischen Spezialisten für 3-D-Malereien angefertigt wurden, das Fotografieren bleibt uns untersagt. Der Rundgang beginnt mit der Vorführung eines Schwarz-Weiß-Filmes im Stile der Wochenschau, indem die Erstürmung des Mount Hermon durch syrische Truppen glorifiziert wird. Immer wieder wird auf die heroische Rolle Hafiz al-Assads verwiesen, der am 6.Oktober 1973, an seinem 43. Geburtstag in vorderster Front seine Truppen angetrieben habe. Zum Zeitpunkt des Krieges war der „Löwe von Damaskus“ erst zwei Jahre im Amt. In den 60er Jahren hatte eine ganze Reihe von Militärputschs Syrien erschüttert, die Baath-Partei war in verschiedene Fraktionen zersplittert und nach der verheerenden Niederlage im Sechs-Tage-Krieg 1967 lag das Land miltärisch und moralisch am Boden.
Die Schulklasse, die mit uns den 10-minütigen Film anschaut, reagiert auf die Bilder eher unbeteiligt bis gelangweilt. Alle Kinder tragen ein blaues Hemd und ein orangefarbenes Halstuch, das sie als „Pioniere der Baath“ ausweist. Parallelen zu den sozialistischen Parteien des Ostblocks sind unübersehbar. Die Nationalhymne zu Beginn der Vorführung singen aber alle mehr oder weniger inbrünstig mit.

Die nächste Station bildet ein großer Raum mit sieben oder acht Ölgemälden aus der Geschichte Syriens vom Reich Zenobias in Palmyra bis zur Herrschaft der Baath-Partei unter Hafiz al-Assad. Unsere Führerin meint dazu. „ These paintings connect Syrias glorious history with ist shining presence.“
Kernstück des „Museums“ ist ein 3-D-Panorama der Schlacht von Qunaitra am Fuße des Golan während des Okotoberkriegs.
Der Zuschauer sitzt auf einer Bühne um die herum eine von Nordkoreanern angefertigte Rundumsicht der Schlacht angebracht ist, die sich in etwa 15 Minuten einmal
um den Betrachter dreht. Zu erkennen sind heldenhafte syrische Soldaten, fliehende Israelis, gerade abgeschossene israelische Kampfjets, Bewohner der Stadt, die ihre Befreier begrüßen, Soldaten, die die syrische Flagge hissen, etc.
Den Abschluss des Rundgangs bildet eine Ausstellung mit Bildern Assads im Kreise seiner Familie und mit Staatsgästen aus aller Welt. Assad mit Breschnew, Assad mit Ulbricht, Assad mit Scheel, etc. Ein Ölgemälde zeigt den syrischen Ex-Präsidenten Hand in Hand mit Kim Il Sung. Unsere Begleiterin erklärt:„No, they never met. It was just a concession to our North-Korean friends who painted all the pictures.“

Wie es in Qunaitra, wenige hundert Meter vom israelisch besetzten Golan heute aussieht, dazu mehr in ein paar Tagen....