Während die internationale Öffentlichkeit gespannt irakischen Verfassungsprozess und Gaza-Abzug blickt, kommt auch am anderen Ende der arabischen Welt, im Maghrib, Bewegung in den regional bedeutsamen Westsahara-Konflikt.
1976, nach Abzug der spanischen Kolonialherren, hatte sich die Westsahara für unabhängig erklärt, kurz darauf marschierte der nördliche Nachbar Marokko ein und erhob Anspruch auf den mit knapp 300.000 Einwohnern relativ spärlich besiedelten Wüstenstaat. Bis 1991 tobte ein blutiger Krieg zwischen Marokko und der westsaharischen Befreiungsbewegung Polisario, in den auch Algerien und Mauretanien eingriffen. Seit der vor 14 Jahren von der UNO ausgehandelten Waffenruhe gingen die Kämpfe jedoch inoffiziell weiter, auch, weil Marokko sich bis heute weigert ein Referendum über die Zukunft der Region durchzuführen.
Die Freilassung der letzten 404 marokkanischen Geiseln aus der Hand der Polisario in der letzten Woche aber setzt die Regierung in Rabat nun unter Druck sich ebenfalls zu bewegen. Allerdings gibt man sich hier noch zurückhaltend: "Polisario muss für seine Kriegsverbrechen gegenüber marokkanischen Bürgern zur Rechenschaft gezogen werden" fordert beispielsweise die Tageszeitung "Aujourd'hui Le Maroc", einen "Publicity-Gag für die internationale Gemeinschaft" nennt ein marokkanischer Offizier gegenüber AP die Aktion der Polisario. In Algerien hingegen begrüßt man den Schritt: "Algerien hat kein Interesse an einer Atmosphäre des Krieges", so der ehemalige algerische UN-Botschafter Ahmad Baba Miske. Jahrzehntelang protegierte Algier die Polisario und von Algerien aus operierten die westsaharischen Guerilleros gegen Marokko. "Algerien ist für meine Entführung und für die Folter an den Gefangenen verantwortlich und Polisario ist eine algerische Marionette."resümiert denn auch Bassou Khachouni, der nach 24 Jahren Geiselhaft letzte Woche freikam.
Nicht unwahrscheinlich also, dass Präsident Bouteflika, der auf eine Verständigung mit Marokko hinarbeitet, um effektiv gegen islamistische Terroristen im Süden vorgehen zu können, der Drahtzieher hinter der Freilassung ist.