18.12.2007
Umfrage in Saudi-Arabien

Die USA sind der wichtigste Verbündete des saudischen Königshauses - dennoch ist Usama bin Laden in Saudi-Arabien beliebter als George Bush. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die von der unabhängigen Organisation "Terror Free Tomorrow" durchgeführt wurde. Ziel von TFT ist es, heruaszufinden, warum Menschen bestimmte extremistische Gruppen unterstützen. Zu diesem Zweck wurden 1004 saudische Staatsbürger telefonisch befragt - im konservativen Saudi-Arabien praktisch die einzige Möglichkeit eine derartige Befragung durchzuführen.

Zunächst wurden die Umfrageteilnehmer zu ihrer Einstellung gegenüber bestimmten Ländern befragt. Hier schnitten China und die Türkei am besten ab, von denen jeweils 71% der Befragten eine positive Meinung hatten. Es folgten Großbritannien und Frankreich mit jeweils 58%. Hinter Pakistan und Iran (52 bzw. 47%) schnitten die USA hier mit knapp 40% Zustimmung am Schwächsten ab.

Gleichzeitig wünschten sich jedoch 69% der Saudis bessere Beziehungen zu Washington. Ein erster Schritt hierfür wäre nach Ansicht von 85% der Befragten ein vollständiger Abzug der US-Truppen aus dem Irak. Die von der US-Regierung angestrebte Demokratisierung des Nahen Ostens lehnt eine Mehrheit der Saudis ab.

Die Einstellung der Befragten gegenüber Juden und Christen liefert ein erschreckendes Bild. So erklärten fast 89% von ihnen, sie hätten eine negative oder sehr negative Meinung über Juden, hinsichtlich ihrer Einstellung gegenüber Christen liegt dieser Wert bei 54%.

57% der Saudis lehnen die Entwicklung von Nuklearwaffen durch den Iran ab. 38% würden einen Militärschlag der US-Armee oder anderer Staaten befürworten um den Iran gegebenenfalls vom Besitz der Atombombe abzuhalten.

51% der Befragten gaben an, jeden Friedensvertrag abzulehnen der den Staat Israel anerkennt und erklärten, sie zögen es vor bis zur Auslöschung des Staates Israel im Nahen Osten zu kämpfen. Knapp jeder Zweite ist daher der Ansicht, die USA sollten ihre Bemühungen zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts reduzieren.

46% der Umfrageteilnehmer erklärten, sie seien gegen die Beteiligung saudischer Staatsbürger am Widerstand gegen die US-geführten Koalitionstruppen im Irak. 43% gaben an, sie seien gegen jede Unterstützung sunnitischer Kämpfer im Irak durch Saudi-Arabien. 7 von 10 Saudis befürworteten hingegen eine Unterstützung der USA bei der Lösung des Irak-Kriegs. Gleichzeitig würden 45% eine Drosselung der Öl-Exporte in die USA angesichts der aktuellen Nahostpolitik Washingtons gutheißen.

67% der Befragten befürworten die Entwicklung von Atomenergie in Saudi-Arabien, 52% sind zudem für die Entwicklung eigener Nuklearwaffen.

Gefragt nach den wichtigsten Prioritäten für ihr Land gaben 93% der Saudis den Kampf gegen Inflation und Arbeitslosigkeit an, gefolgt von der Bekämpfung des Terrorismus (88%). Jeweils 8 von 10 Saudis sehen zudem in der Finanzierung von Moscheen und Koranschulen im Ausland, sowie in der Einführung freier Presse und freier Wahlen dringliche Aufgaben ihrer Regierung. 61% nannten zudem die Bekämpfung al-Qaidas und anderer jihadistischer Gruppen. Nur 43% sprachen sich für die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen in Saudi-Arabien aus.

Nicht einmal jeder Zehnte Saudi hat laut der TFT-Umfrage eine positive Meinung von al-Qaida. Größerer Beliebtheit erfreuen sich die Hamas und die sunnitischen Kämpfer im Irak mit jeweils 36% Zustimmung. Von der schittischen Hizbollah hat jeder Dritte Saudi ein positives Bild.

74% der Befragten erklärten, Selbstmordattentate seien niemals gerechtfertigt.

Auf die Frage nach dem idealen Herrschaftssystem für ihr Land nannten drei von vier Saudis das bestehende System mit einem Monarchen auf Lebenszeit. Knapp die Hälfte der Befragten äußerte jedoch auch ihre Zustimmung zu einer konstitutionellen Monarchie.

Abschließend wurden die Teilnehmer der Umfrage zu ihrer Meinung über bestimmte Politiker und Staatsmänner befragt. Die überwältigende Mehrheit von jeweils 96% erklärte ein positives oder sehr positives Bild von König Abdullah bin Abdul-Aziz beziehungsweise der saudischen Königsfamilie im Allgemeinen zu haben. Knapp 39% der Saudis haben demnach eine positive Meinung von Hizbollah-Chef Hassan Nasrallah, 31% von Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Usama bin Laden genießt eine Zustimmung von 15%, George Bush von 12%.

Bin Ladens Fatwa, in der er zum weltweiten Kampf gegen die USA und die Amerikaner aufrief, wird von zwei Dritteln der Befragten abgelehnt.

Angesprochen auf den Fall des schiitischen Mädchens, das nach einer Vergewaltigung zu 200 Peitschenhieben und 6 Monaten Gefängnis verurteilt wurde, erklärten sich nur 12% der Umfrageteilnehmer mit diesem Gerichtsurteil einverstanden. Gestern begnadigte König Abdullah das Mädchen aus Qatif.