Seit zwei Jahrzehnten ist Tunesiens Präsident Zine el-Abidine Ben Ali an der Macht - vieles deutet darauf hin, dass dies noch eine Weile so bleiben wird. Am 7.November 1987 stürzte der damalige Ministerpräsident Ben Ali den seit der Unabhängigkeit 1956 herrschenden Staatschef Habib Bourguiba in einem unblutigen Putsch, indem er den damals 84-Jährigen für geschäftsunfähig erklären ließ.
Seither regiert Ben Ali das Land mit autoritären Vollmachten. Die Presse in Tunesien unterliegt der staatlichen Zensur, eine politische Betätigung außerhalb der herrschenden "Konstitutionellen Demokratischen Sammlungsbewegung" (RCD) ist praktisch nicht möglich. Die RCD hält 80% der Sitze im Parlament, 20% der Mandate teilen sich sechs Oppositionsparteien. Regimekritiker werden verfolgt, landen im Gefängnis oder fliehen ins Exil. Der Internetzugang wird staatlich beschränkt, in der Vergangnheit ist schon der Besuch verbotener Seiten mit Gefängnis bestraft worden.
Gleichzeitig erlebt das nordafrikanische Land seit Jahren ein konstantes Wirtschaftswachstum von 5% pro Jahr. Nach Angaben des Weltwirtschaftsforums verfügt Tunesien über die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft Afrikas. Etwa zwei Drittel der Tunesier leben in den eigenen vier Wänden, immerhin jeder fünfte Haushalt hat ein eigenes Auto. Fast jeder Untertan Ben Alis hat freien Zugang zu Bildung und gesundheitlicher Grundversorgung.
Wie praktisch alle Staatschefs im Nahen Osten und Nordafrika sieht sich Zein al-Abidine Ben Ali einer islamistischen Opposition gegenüber, die anders als etwa in Marokko, Ägypten oder Jordanien jedoch kaum öffentlich in Erscheinung treten kann. Die wichtigste Gruppierung ist die "Bewegung der Wiedergeburt" an-Nahda. Die Partei ist seit 1991 offiziell verboten, lehnt aber Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele ab. Über ihren Rückhalt in der Bevölkerung lassen sich keine gesicherten Aussagen treffen.
Daneben macht auch der islamistische Terrorismus vor Tunesien nicht Halt. Bei einem Anschlag auf die al-Ghriba Synagoge auf der Urlaubsinsel Djerba wurden am 11.April 2002 21 Menschen getötet, unter ihnen 14 deutsche Touristen, als der Attentäter Nizar Nawar mit einem Tanklaster in das Gebäude raste. Anfang des Jahres wurden bei mehreren Schusswechseln zwischen Sicherhietskräften und mutmaßlichen Islamisten 14 Menschen getötet. Die Männer sollen offenbar von der in Algerien operierenden Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) beeinflusst worden sein.
Auch vor diesem Hintergrund präsentiert sich der mittlerweile 71-jährige Ben Ali als Garant für Stabilität und Sicherheit. Es gilt als sicher, dass er sich bei den nächsten Wahlen 2009 im Amt bestätigen lassen wird. Um seine Macht zu sichern hat er in der Vergangenheit bereits zwei Mal die Verfassung ändern lassen. 1998 wurde die Anzahl der möglichen Legislaturperioden des Staatschefs auf 3 erhöht, 2002 gar auf 5. Bei den letzten Präsidentenwahlen 2004, die kaum demokratische Standards erfüllten, errang Ben Ali trotz mehrerer Gegenkandidaten fast 95% der Stimmen.