25.03.2006
Syriens Staatsmacht reagiert nervös auf Oppositionsbewegung

Nach der erneuten Verhaftung namhafter syrischer Oppositioneller warnte heute die Association of Human Rights in Syria (HRAS) Regierung wie Weltöffentlichkeit vor den Folgen:"Die Fortsetzung dieser Kampagne politischer Festnahmen wird weiteren Schaden nach sich ziehen.", resümiert der Anwalt Anwar Bunni und fordert die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen. Unmittelbarer Anlass für diese neuesten Protestbekundungen ist die wiederholte Festnahme Ali Abdullah, einem der bekanntesten Kritiker des Baath-Regimes, aus, wie Bunni betont, "bislang unbekannten Gründen".

Abdullah ist indes nicht das erste Mal den Repressionen der Staatsmacht ausgesetzt. Als er im Mai 2005 öffentlich eine Botschaft der verbotenen Muslimbrüder vorlas, wurde er interniert, kam jedoch im Rahmen einer vermeintlichen politischen Reformoffensive im November des selben Jahres zusammen mit 190 anderen Dissidenten auf freien Fuß (alsharq berichtet) Abdullahs Familie blieb von den neusten Maßnahmen nicht verschont: Sein Sohn Omar wurde festgesetzt, nachdem er eine politische Diskussionsplattform für Jugendliche aufstellen wollte.Vater und Sohn Abdullah wie auch Muhammad Najati Tayyara, der Vizepräsident der HRAS, wurden wahrscheinlich verhaftet, "weil sie ihre politische Meinung öffentlich geäußert haben.", mutmaßt Bunni gegenüber AFP. Tayyara gehört zu denjenigen Oppositionellen, die sich in den letzten Monaten vertärkt um Unterstützung im Ausland bemühen. Vor einem Monat nahm er beispielsweise an einer Konferenz syrischer Dissidenten in den USA teil.

Während derlei Treffen das Damaszener Regime noch vor einem Jahr kaum aus der Ruhe zu verbringen mochte, reagiert es nun wesentlich empfindlicher. Denn neben der Unterstützung durch die US-Regierung können die syrischen Oppositionellen nun auch die Kooperation einflussreicher anti-syrischer Kräfte im Libanon zählen. So ist für Ende diesen Monats eine Konferenz in Paris anberaumt, an der unter anderem Saad Hariri und Walid Joumblatt teilnehmen werden, ebenso wie der langjährige früherer Koordinator der syrischen Außen- und Sicherheitspolitik Abdelhalim Khaddam. Joumblatt, einer der schärfsten Kritiker des Baath-Regimes, traf sich bereits letzten Monat mit hochrangigen Vertretern der US-Administration in Washington.

Unverkennbar ist für Damaskus also die Gefahr, dass an der Regierung vorbei über die Zukunft der Region und der politischen Ordnung des Landes selber verhandelt wird.Die Maßnahmen des Regimes belegen jedoch eher einen hektischen Aktionismus, der darauf schließen lässt, dass man große Probleme damit hat, die oppositionellen Bewegungen im Land (und über die Landesgrenzen hinaus) unter Kontrolle zu behalten, niedergeschlagen werden können sie indes nicht mehr, dafür besitzen sie nun zu starke Fürsprecher. Die Nerven des früher so berüchtigten Sicherheitsapparates scheinen stark gespannt zu sein. Wenn die oppositionellen Kräfte im gegenwärtigen Tempo weiter vernetzen und die Regierung nicht zu gewichtigen Einschränkungen ihres Machtmonopols bereit zeigt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Nerven reißen.