22.11.2006
Siedlungen im Westjordanland: Israel enteignet Palästinenser

Knapp 40% der israelischen Siedlungen im West-Jordanland befinden sich auf Privatland dessen palästinensische Eigentümer unrechtmäßig vom israelischen Staat enteignet wurden - zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der israelischen Friedensbewegung "Peace Now". Der 38-Seiten-Bericht widerspricht damit der offiziellen israelischen Darstellung, nach der das Land entweder vakant gewesen sei, dem Staat gehöre oder den palästinensischen Grundstückseigentümern auf legalem Wege abgekauft worden sei.

Die Untersuchung basiert auf der Untersuchung von Unterlagen des israelischen Militärs. Aus diesen gehe hervor, dass Israel in den besetzten Gebieten einen "institutionellen Landraub" betreibe, so Peace Now, hebräisch: Schalom Achschav, weiter. Israel nutze die schwierige Lage der Palästinenser bewusst aus um diese zu enteignen. Insgesamt seien 130 Siedlungen komplett oder teilweise auf enteignetem Grund und Boden errichtet worden.

Auch nach israelischen Gesetzen ist der Bau von Siedlungen auf palästinensischem Privatland illegal. 1979 wies der Oberste Gerichtshof das Militär an die Praxis zu beenden, nach der palästinensisches Privatland aus militärischen Gründen besetzt und anschließend für den Siedlungsbau freigegeben wird. Nach Darstellung von Peace Now ist dieses Vorgehen jedoch bis heute üblich.

Völkerrechtlich ist der Status der Siedlungen ohnehin höchst umstritten. In vier UN-Resolutionen werden sie als "illegal" verurteilt. Zudem besagt Artikel 49 der Vierten Genfer Konvention:„Die Besetzungsmacht darf nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet deportieren oder umsiedeln.“

Israel argumentiert, die betreffenden Gebiete seien nach dem Ende des Osmanischen Reichs niemals Teil eines souveränen Staats gewesen, die Genfer Konvention sei für die betreffenden Territorien also auch nicht zuständig. Der Internationale Gerichtshof bestätigte jedoch in einem Gutachten für die UN-Vollversammlung die Anwendbarkeit der Genfer Konvention.

Israel beruft sich zudem auf die Osloer Verträge die den Status der Siedlungen zum Status künftiger Verhandlunge machten und den Siedlern somit freie Hand ließen. Außerdem behauptete die israelische Seite das Land, auf dem Siedlungen errichtet werden, legal erworben zu haben. Dieser Argumentation entzieht die Peace Now-Studie nun die Grundlage.

Bereits im März 2005 war ein israelischer Regierungsbericht (Sasson-Report) zu dem Ergebnis gekommen, dass staatliche israelische Institutionen, etwa das Wohnungsbau- oder Energieministerium, mehrere Millionen Dollar abgezweigt hätten, um damit Siedlungen im Westjordanland zu finanzieren, die nach israelischem Recht illegal seien. Insgesamt seien in den besetzten Gebieten etwa 150 Siedlungen mit ungenügenden oder gänzlich ohne Genehmigungen errichtet worden.

Schätzungen zufolge leben heute knapp 250000 jüdische Siedler im Westjordanland.