11.01.2008
Presseschau zu Bushs Israelreise

Während seiner Israel-Reise hat sich US-Präsident George Bush gestern in Jerusalem optimistisch für den Verlauf der Verhandlungen zwischen der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörde geäußert. Bis zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2009 sollen beide Seiten einen Friedensvertrag unterzeichnet haben, der den Grundstein für die Gründung eines lebensfähigen palästinensischen Staates bildet.

Wörtlich erklärte Bush: "Es muss ein Ende der Besatzung geben, die 1967 begann. Das Abkommen muss ein Palästina als Heimstätte des palästinensischen Volkes schaffen genau so wie Israel die Heimstätte des jüdischen Volkes ist."

Kommentatoren in verschiedenen arabischen Zeitungen teilen Bushs Optimismus nicht. Hier einige Beispiele:

Präsident Bush hat einen großen Fehler begangen, als er die Vereinten Nationen und ihre Rolle bei der Lösung des arabisch-israelischen Konflikts abschaffte, als er sagte, sie seien daran gescheitert den Konflikt beizulegen. Stattdessen erklärte er, seine Vision, die identisch ist mit der israelischen Vision, sei die Basis für eine Einigung die noch vor Ende seiner zweiten Amtszeit Ende des Jahres erreicht werden soll.
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Wie haben die UN in Irak, Afghanistan und Ost-Timor, Kosovo, Libanon und Darfur interveniert; warum sollten sie nicht in Palästina ebenso erfolgreich sein oder scheitern? Ist es, weil Israel über dem Völkerrecht steht, über allen Gesetzen?
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Präsident Bushs Vision basiert auf der Anerkennung Israels als einem Staat auf der Grundlage des jüdischen Glaubens. Diese bedeutet die Aufgabe des Rückkehrrechts . Heute werden wir aufgefordert das Rückkehrrecht als "überholt" aufzugeben, und morgen werden wir aufgefordert das Recht von 1,5 Millionen Arabern aufzugeben, im Staat Israel zu leben, weil Israel ein Staat der Juden ist und als solcher von den arabischen Staaten und der palästinensischen Führung anerkannt ist.
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Israel macht keine schmerzvollen Zugeständnisse wenn es seine Truppen und Siedlungen von den Besetzten Gebieten abzieht. Wo ist der Schmerz? Die Besatzung ist illegal und die Siedlungen befinden sich auf dem Land, das dem unterlegenen Volk mit Gewalt, Mord, Terror und der Unterstützung der zivilisierten westlichen Gesellschaften gestohlen wurde.
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Präsident Bush ist kein Prophet, und er ist nicht dazu ermächtigt, dem palästinensischen Volk israelische Forderungen zu diktieren.

Auf den ersten Blich scheint Bushs Statement sehr positiv zu sein und den Wunsch Washingtons nach einem Ende des jahrelangen Kräftemessens zu bestätigen. Auf der anderen Seite scheint die Erklärung jedoch sehr vereinfacht und bürdet den Palästinensern die größte und wichtigste Verantwortung für den Frieden auf. Dabei sind sie die unterdrückte Partei, die unter der territorialen Besatzung und dem Ausbau der Siedlungen leidet.
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Die Endstatus-Verhandlungen, auf die sich Abbas und Israels Ministerpräsident Ehud Olmert am letzten Dienstag verständigten, werden sehr schwierig und es ist bislang nicht ersichtlich, wie die amerikanische Regierung die Kluft zwischen den beiden Seiten schließen will, die in fast allen Themen klafft, seien es die Flüchtlingsfrage, die Grenzen oder Jerusalem. Die US-Regierung hat nicht erklärt, welche Rolle Washington spielen soll und wie mit der Partei umgegangen wird, die den Verhandlungsprozess behindert. Vor allem aber ist das allgemeine Klima in Israel und der Region nicht dazu geeignet einen palästinensisch-israelischen Friedensvertrag bis Ende des Jahres zu erreichen. Es besteht praktisch Einigkeit in der Region darüber, dass Präsident Bush der Einzige ist, der daran glaubt.

Wir haben die Hoffung aufgegeben, dass Bush Reise ins besetzte Palästina dazu diente den Friedensprozess voranzutreiben. Bush Statements enthüllen, dass die Reise zum Ziel hat, die Region gegen den Iran zu mobilisieren, anstatt Israel dazu zu bringen den Palästinensern ihre Rechte zurückzugeben. Bushs Statement bei seiner Ankunft bestätigt sein Beharren auf einem "Jüdischen Israel" als Voraussetzung für einen palästinensischen Staat. Dies bedeutet die Aufgabe des Rückkehrechts für Flüchtlinge und die Gefahr einer religiösen und ethnischen Säuberung Palästinas durch die Ausweisung der Palästinenser aus dem Palästina von 1948. Sie sollen Opfer einer zweiten "Nakba", einer zweiten Katstrophe werden und in das Westjordanland abgeschoben werden.
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Bush sprach von der Notwendigkeit den illegalen Bau von Siedlungen im Westjordanland zu stoppen, eine Redewendung, die auf die wenigen Wohnwagen und Holzhäuser abzielt die eilig von Israel errichtet wurden. Dies schließt jedoch nicht den Rest der Siedlungen in der West Bank und in Jerusalem ein, und auch nicht die Betonmauer im Westjordanland. Das neue Jahr mag für Optimismus hinsichtlich der Palästinafrage nicht wirlich geeignet gewesen sein, aber der Bush-Besuch machte den Optimisums endgültig zu einer Sache der Vergangenheit. Die kommenden Tage könnten weitere Rückschritte hinsichtlich des Friedensprozesses enthüllen.

Präsident Bush spricht nicht mehr von Demokratie, nachdem sich jeder davon überzeugen konnte, dass die amerikanische Demokratie dort endet, wo ihre eigenen Interessen betroffen sind. Die Welt wird gerade wieder in den beiden Gebieten Palästinas als klarem Beispiel Zeuge davon. Diese und andere Praktiken Amerikas zeigen sich in Bushs jüngsten Erklärungen auf seiner "historischen" Reise nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete zu der "Vision" zur Lösung des Palästinakonflikts. Israel ist nur ein weiterer Nagel der amerikanischen Regierung im Sarg des Völkerrechts, ein Versuch amerikanisches Unrecht als einen Ersatz für internationale Legitimität zu präsentieren. Präsident Bushs Problem ist, dass er vergisst oder zu vergessen vorgibt, dass die Welt versteht, dass der Grund für das Scheitern des Völkerrechts bei der Lösung des Nahost-Konflikts darin besteht, dass die Mehrheit der letzten amerikanischen Regierungen es an der Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung von UN-Resolutionen mangeln ließ, zumindest jedenfalls hinsichtlich der Verpflichtungen Israels gegenüber anderen arabischen Parteien. Die internationalen Resolutionen, die mit amerikanischen Interessen übereinstimmten, wurden hingegen strikt umgesetzt, sogar um den Preis einer militärischen Intervention.
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Wenn Amerika wirklich nach einem gerechten und dauerhaften Frieden gestrebt hätte, dann unterstützte es die Arabische Initiative, die die einzige Basis ist um dies in Übereinstimmung mit den Resolutionen der Vereinten Nationen zu erreichen. Das andere Gerede von einer "Vision" hier und einer "Road Map" dort, wird die Situation nur noch verschärfen und gefährlicher machen.

Am Steuer sitzt George Bush, der Weg zum Frieden ist 1000 Kilometer lang und die Tankanzeige steht kurz vor Null.