Die Parlamentswahlen in Marokko am vergangenen Freitag haben keinen Wechsel der Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung mit sich gebracht. Stärkste Partei im Parlament ist die national-konservative "Istiqlal-Partei" geworden, die im Vergleich zur Wahl 2002 4 Mandate hinzu gewann und künftig 52 von 325 Abgeordneten im Unterhaus stellen wird.
Die islamistische "Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung" (PJD) konnte zwar Stimmenzuwächse verzeichnen, verfehlte aber mit 47 Mandaten ihr erklärtes Ziel, stärkste Fraktion im Parlament zu werden. Im Wahlkampf hatte sich die Partei für eine Rückdrängung westlicher Einflüsse auf die marokkanische Gesellschaft, den Kampf gegen Drogenmissbrauch und Armut, sowie für mehr Pressefreiheit stark gemacht und sich als entschiedener Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft präsentiert.
Die meisten Stimm-Zugewinne konnte unerwartet die liberal-konservative "Mouvement Populaire" verzeichnen. Die Partei warb im Wahlkampf für eine weitere wirtschaftliche Öffnung des Landes und konnte damit 16 Parlamentssitze hinzugewinnen. Künftig werden 43 MP-Abgeordnete in der Nationalversammlung sitzen.
Größter Verlierer des Urnengangs ist die "Union Socialiste des Forces Populaires" (USFP) geworden. Die mis dato stärkste Parlamentsfraktion büßte 14 Mandate ein und ist noch hinter der Vereinigung unabhängiger Parlamentarier nur noch fünftstärkste Kraft im Parlament.
Es ist zu erwarten, dass Istiqlal und USFP erneut eine Koalitionsregierung mit mehreren kleineren Parteien eingehen werden, die insgesamt über 80 Mandate erringen konnten. Auch Premierminister Driss Jettou dürfte somit erneut von König Muhammad VI zum Regierungschef ernannt werden und seine Arbeit fortsetzen können.
Sehr enttäuschend fiel die Wahlbeteiligung aus. Nur 37% der wahlberechtigten Marokkaner gaben ihre Stimme ab, so wenige wie nie zuvor in der Geschichte. 19% der abgegebenen Wahzettel waren ungültig. Bei den letzten Parlamentswahlen 2002 hatte immerhin noch jeder Zweite seine Stimme abgegeben. In Casablance lag die Wahlbeteiligung in diesem Jahr gar bei nur 23%.
Die PJD beschuldigte die Regierungsparteien, die Wahlen durch Stimmenkäufe manipuliert zu haben. Die Regierung wies diese Vorwürfe umgehend zurück und auch die erstmals eingesetzten internationalen Wahlbeobachter erklärten, der gesamte Wahlprozess sei "transparent und professionell" abgelaufen.