Libanons Christen haben durch das Abkommen von Doha an politischem Gewicht hinzugewonnen. Zu diesem Schluss kommt die International Crisis Group in einem neuen Bericht.
Die Stärkung der Christen im politischen System des Libanon lasse sich an drei Punkten festmachen, so die Analyse. Zum einen habe durch die Wahl Michel Sleimans zum neuen Präsidenten das wichtigste von Christen besetzte politische Amt wieder jene Bedeutung und Macht gewonnen, die es seit 2004 schrittweise verloren hatte. Bei den wichtigen anstehenden Entscheidungen, wie dem Umgang mit den Waffen der Hizbollah, der Vorbereitung der Parlamentswahlen 2009 und den syrisch-libanesischen Beziehungen, werde Sleiman künftig ein gewichtiges Wort mitreden.
Zweitens komme das in Doha beschlossene neue Wahlrecht den Christen zu Gute. Dieses stelle sicher, dass künftig christliche Parlamentarier vorrangig von christlichen Wählern gewählt würden und nicht mehr in größerer Zahl auf muslimische Stimmen angewiesen seien. Für die künftige Machtbalance im Libanon seien die Christen daher von größerer Bedeutung als zuvor. Ob diese Voraussage jedoch wirklich eintreffen wird, können erst die Wahlen 2009 zeigen. Die ICG geht offenbar davon aus, dass durch die nun kleineren Wahlkreise konfessionell homogenere Wählerschaften entstehen. Ob diese weitere Zementierung des politischen Konfessionalismus jedoch wirklich zukunftsweisend ist, wird sich erst später zeigen.
Drittens seien die Christen nun in der Position lange gehegte Forderungen voranzutreiben. Diese seien etwa die Umsetzung von Verwaltungsreformen, die Verhinderung der Einbürgerung der im Libanon lebenden Palästinenser oder die Erleichterung der Rückkehr christlicher Exilanten. Da muslimische Politiker mehr denn je auf die Unterstützung der Christen angewiesen seien, biete sich jetzt die Gelegenheit diese Forderungen umzusetzen.
In der polarisierten Gesellschaft des Libanon werden die Christen das Zünglein an der Waage sein, das den Ausschlag gibt, ob das Regierungslager "14. März" oder die Opposition um die Hizbollah als Sieger aus den Parlamentswahlen hervorgeht.