Die libanesischen Konfliktparteien nehmen heute in Qatars Hauptstadt Doha Verhandlungen auf, die den seit über einem Jahr schwelenden Machtkampf im Libanon beenden sollen. Zuvor verständigten sich Regierung und Opposition unter Vermittlung der Arabischen Liga auf einen 6-Punkte-Plan.
Dieser sieht eine Rückkehr zum Status Quo Ante vor, also die Rücknahme der gegen die Hizbollah gerichteten Regierungsentscheidungen und die Aufhebung der Straßenblockaden im Land. Ziel der Gespräche in Doha soll die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit und die Einigung auf ein neues Wahlgesetz sein. "Gekrönt" werden soll das zu verhandelnde Abkommen mit der Wahl des Armee-Oberbefehlshabers Michel Suleiman zum neuen Präsidenten. Im Gegenzug solle die Zeltstadt der Oppositionsanhänger im Zentrum Beiruts aufgelöst werden.
Der 6-Punkte-Plan der gestern in Beirut von Qatars Außenminister Hamad bin Jasem al-Thani vorgestellt wurde, ruft beide Seiten auf, künftig auf Waffengewalt zu verzichten und von der Aufstachelung zu religiös oder politisch motivierter Gewalt abzusehen. Der Dialog von Doha solle zudem die Ausweitung der Herrschaft der libanesischen Regierung auf das gesamte libanesische Staatsgebiet thematisieren.
Jasem betonte, dass das Abkommen von Taif, in dem 1989 die Machtverteilung nach dem libanesischen Bürgerkrieg festgelegt wurde, unangetastet bleiben solle.
Mit dem 6-Punkte-Plan der Arabischen Liga wurden wichtige Forderungen der Hizbollah und ihrer Verbündeten erfüllt, zuallererst die Rücknahme der Regierungsbeschlüsse hinsichtlich des Kommunikationsnetzes der Hizbollah und der Entlassung des Sicherheits-Chefs des Beiruter Flughafens.
Die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit als Zielvorgabe für die Verhandlungen von Doha erfüllt ebenfalls eine der Forderungen der Opposition. Diese wird darin vermutlich, wie seit über einem Jahr gefordert, mindestens ein Drittel der Ministerposten erhalten und damit ihr Veto gegen alle Kabinettsbeschlüsse einlegen können.
Die Erpressung seitens der Hizbollah scheint aufzugehen. In der vergangenen Woche demonstrierte die Schiiten-Miliz, dass sie gegen alle gegen sie gerichteten Regierungsbeschlüsse notfalls mit Waffengewalt vorgehen werde. Unter diesem Druck war die Regierung nun offenbar bereit, der Opposition eine Sperrminorität im Kabinett einzuräumen.
Die Frage nach der Entwaffnung der Hizbollah ist wurde im 6-Punkte-Plan nicht explizit erwähnt, auch dies kann sie als Erfolg verbuchen.
Die Regierung kann nur darauf hoffen, dass die Opposition durch die Gewalt der letzten Woche viel Kredit bei ihren Anhängern, gerade unter den libanesischen Christen, verloren hat. Sollte dies der Fall sein, könnte das Regierungslager aus den Parlamentswahlen 2009 gestärkt hervorgehen. Vielleicht ist die Regierung daher momentan eher zu Konzessionen an die Opposition bereit.
Derzeit ist noch vollkommen unklar, ob die Gespräche in Doha greifbare Erfolge bringen werden. Im Verlauf des letzten Jahres gab es eine ganze Reihe von Initiativen Frankreichs oder der Arabischen Liga, die letztendlich ergebnislos blieben. Ein Verhandlungserfolg wird nicht zuletzt davon abhängen, ob hinter den Kulissen Syrien und Saudi-Arabien zu einer Verständigung über die Machtverteilung im Libanon gelangen.