Wie der Fluch zum Segen wurde
Seit kurzem ist das größte palästinensische Lager Syriens zum Zufluchtsort von geflohenen Syrern geworden, nachdem sämtliche Viertel im Umfeld beschossen wurden und es in den umliegenden Gegenden zu Feuergefechten kam. Auch in Yarmuk schlugen Artilleriegranaten ein - angeblich "aus Versehen". Palästinenser sind daran gewöhnt, Flüchtlinge zu sein und jetzt gewöhnen sich leider auch die Syrer daran.
Ich lebe im fünften Stock, ich konnte sehen wie die Bomben in der Umgebung herunterkamen und die Schüsse waren so nah, dass ich dachte sie fielen in meinem Viertel. Ich bin sehr neugierig und möchte immer sehen, was um mich herum passiert - vielleicht ist das keine gute Idee wenn drei Scharfschützen in meiner Nachbarschaft sind. Sie haben dreimal versucht, auf mich zu schießen, aber ich hatte das Glück, das andere nicht hatten. Mit Hilfe der Freien Syrischen Armee konnten die Heckenschützen ausgeschaltet werden.
Ich bin weder Syrer, noch Flüchtling. Meine Schwester und ich kamen zum Studium nach Syrien. Heute fühlen wir uns wie Flüchtlinge. Viele andere in Syrien sind Flüchtlinge in ihren eigenen Häusern. Unsere Leben könnten jederzeit von einer zufälligen Kugel beendet werden. Ich denke nicht, dass meine Worte den jüngsten Ereignissen gerecht werden konnten, die keiner, der sie erlebte, begreifen konnte. Meine Geschichte ist voller Angst, Unsicherheit und verlorener Träume.
26.07. 2012
Bomben oder nicht
Wird uns die syrische Armee bombardieren, oder nicht? Das ist derzeit die meistgestellte Frage im Lager Yarmuk nach dem intensiven Vorgehen der syrischen Armee auf Damaskus und die Gebiete um Yarmuk, das Lager, in dem Palästinenser seit 1948 Zuflucht gefunden haben. Die Leute fragen sich, ob sie die gleiche Behandlung wie ihre syrischen Gastgeber bekommen werden. Sie haben alle Gebiete im Umfeld beschossen, warum also nicht auch das Camp? Was heißt es, das Lager zu bombardieren?
Auch wenn bislang keine Bomben gefallen sind, hat uns das Gewehrfeuer erreicht und Heckenschützen sind im gesamten Camp verteilt. Wir erwarten immer noch die endgültige Niederschlagung. Ein Vorgehen, wie gegen den Stadtteil Hajar al-Aswad, in dem praktisch kaum noch ein Gebäude steht.
Blick von Nahlas Fenster |
Wir wurden heute von allen möglichen Kriegsgeräuschen geweckt und das ist seit kurzem überhaupt nichts Außergewöhnliches. Aus meinem Fenster sah ich in hundert Metern Entfernung Rauch aufsteigen. Das Gebiet war voller Panzer, die über die 30. Straße nach Haar al-Aswad rollten und das Palästina-Krankenhaus beschossen, das sich am Ende der Yarmuk-Straße befindet. Dort nahmen sie verletzte Personen fest.
Sie beschossen außerdem einige Gebäude im Camp, darunter einen Ort neben einer palästinensischen Schule, der voller Menschen war. Viele Leute wurden außerdem obdachlos und flohen ins Lager. Egal ob das Camp bombardiert wird oder nicht - die Sicherheit hier wird verletzt.
P.S. Ich schreibe das hier, während die verschiedenen Geräuschen der Angriffe zu hören sind.