Nach der Verbrennung des jordanischen Piloten Moaz al-Kasasbahs durch ISIS-Milizionäre sinnt die jordanische Regierung auf Vergeltung und hat unmittelbar mit der Exekution einer Jihadistin und eines Jihadisten reagiert. Doch wie ist die Stimmung in der Bevölkerung? Eindrücke aus Amman von Sascha Lübbe aus der Jordan Times Redaktion
Zwei Tage nach Bekanntwerden des brutalen Mordes an Moaz al-Kasasbah ist Amman in Trauer. Bilder des Piloten hängen an öffentlichen Plätzen, Bushaltestellen und an den Windschutzscheiben der Autos. Immer wieder gibt es Gebete in den Moscheen, ertönen Kirchenglocken. In vielen Betrieben gibt es Schweigeminuten und Trauerbekundungen. Auch bei uns. Kurz nach Mittag versammelte sich das Team der Jordan Times und der im selben Haus ansässigen Zeitung Al Rai auf dem Firmenparkplatz, um dem ermordeten Piloten zu gedenken.
Es sind entscheidende Tage: Die Beteiligung Jordaniens an einem militärischen Vorgehen gegen den "Islamischen Staat" (IS) war im Land nicht unumstritten, insbesondere nach der Gefangennahme al-Kasasbahs am 24. Dezember 2014. Kritische Stimmen kamen vor allem von den Vertretern der Abstammungsgemeinschaften, zu denen auch die Familie des Piloten gehört. Nicht wenige vertreten die Auffassung, dass sich Jordanien nicht in den Krieg im Nachbarland ziehen lassen solle. Mit dem Mord an Kasasbah, so die Meinung vieler Experten, wird sich diese Ansicht nun ändern.
Und in der Tat: In Amman, so scheint es, stehen alle Zeichen auf Rache. Im Fernsehen laufen Propagandavideos der Luftstreitkräfte. Die Jordan Times-Ausgaben der letzten zwei Tage sind einerseits voller Beileidsbekundungen und Appelle an die Einheit der Jordanier, andererseits voller Aufrufe zum Kampf. So ließ der Vater des ermordeten Piloten in einem Statement verlauten, dass die Exekution der zwei Terroristen in seinen Augen bei weitem nicht genug sei. Und auch König Abdullah sprach in einer offiziellen Stellungnahme von einem "gnadenlosen Krieg" gegen den IS.
Nun fragen sich viele Jordanier, wie genau dieser aussehen soll. Ein Kollegin hier interviewte dazu verschiedene Militärexperten. Deren Ansicht: Die Luftangriffe werden vermutlich intensiviert werden. Eine – von vielen Jordaniern befürchtete – Entsendung von Bodentruppen sei hingegen keine wahrscheinliche Option. Zumindest nicht im Moment. Für die Zukunft wollte sie aber keiner der Experten ausschliessen.
Am Nachmittag wurden die Meinungen bestätigt: Die jordanische Regierung vermeldete weitere Luftangriffe auf Stellungen des IS.
Der Journalist Sascha Lübbe arbeitet im Rahmen des Journalistenaustauschprogramms des Goethe-Instituts einen Monat lang bei der Jordan Times in Amman
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