Mehr als 45 Millionen Iraner sind an diesem Freitag aufgerufen, die Zusammensetzung des Expertenrats neu zu bestimmen, jenes Gremium, das den Obersten Rechtsgelehrten Irans wählt und berät. Die 86 Mitglieder des Expertenrats, persisch: majles-e khobregan, werden für acht Jahre gewählt und haben auch die Befugnis den Obersten Rechtsgelehrten, gegenwärtig Großayatollah Ali Khamenei, abzusetzen.
Alle Angehörigen des Gremiums müssen schiitische Rechtsgelehrte sein und als solche den Rang eines Mujtahid erreicht haben, der sie zur unabhängigen Interpretation der beiden islamischen Rechtsquellen Koran und Sunna befähigt. Jeder der 144 Kandidaten, die sich am 15.Dezember zur Wahl stellen, muss zudem vom mächtigen Wächterrat abgesegnet werden, der laut Verfassung die Tauglichkeit und Tugendhaftigkeit der Kandidaten überprüft.
Die diesjährigen Bewerber um einen Sitz im Expertenrat haben sich zu drei Listen zusammengeschlossen, die politisch-religiös unterschiedliche Strömungen vertreten. Da ist zum einen die "Partei des Nationalen Vertrauens", des omnipräsenten Ex-Präsidenten Akbar Hashemi Rafsanjani, die nach den Maßstäben der Islamischen Republik Iran als liberal gilt.
Am anderen Ende des Spektrums steht die Liste von Ayatollah Mohammad Taghi Mesbah Yazdi, der als geistlicher Berater von Präsident Ahmadinejad fungiert. Der 72-Jährige, auch unter dem Spitznamen "Professor Krokodil" bekannte Kleriker, gilt als entschiedener Gegner der Reformbewegung im Iran, für die etwa Ex-Präsident Mohammad Khatami stand.
Als wahrscheinlich gilt jedoch, dass die Kandidaten der dritten Liste unter dem Namen "Vereinigung militanter Kleriker" ihre Mehrheit im Expertenrat verteidigen können. Die Organisation wurde von Ali Khamenei selbst begründet und ihre Mitglieder im Expertenrat halten dem Obersten Rechtsgelehrten bis heute den Rücken frei. Die Gruppe verfolgt im Wesentlichen einen konservativen Mittelweg zwischen den moderaten Ansichten der Gruppe um Rafsanjani und den ultra-konservativen Kräften um Mesbah Yazdi.
Sollte also der gesitliche Führer Irans, Ali Khamenei, in den kommenden acht Jahren aus dem Leben scheiden, so darf es als wahrscheinlich gelten, dass der Nachfolger das Amt in seinem Sinne fortführen wird.