16.08.2005
Irak: "Wir brauchen keine Verfassung! Wir brauchen Wasser und Strom!"


Während in der internationalen Presse das Ringen um eine neue irakische Verfassung großen Widerhall auf den Auslandsseiten findet, bestimmen die Titelseiten der irakischen Zeitungen selbst ganz andere, viel dringendere Themen. In den Leitartikeln warnen sie in den heutigen Ausgaben vor der Gefahr eines totalen Kollapses der Grundversorgungen mit Elektrizität, Treibstoff und Wasser. Die Lösung dieser Probleme sei für die Zukunft des Landes dringender als eine Einigung in der Verfassungsfrage.
"Die Treibstoffkrise stellt die Verfassungskrise in den Schatten", titelt die als unabhängig geltende Tageszeitung "Azaman". In der Tat wird der Irak, eines der größten Öl-Förderländer der Welt, seit dem Einmarsch der US-Armee vor knapp zweieinhalb Jahren von einer beispiellosen Energiekrise erschüttert, weil Sabotageakte gegen Pipelines und Raffinerien, sowie die allgemein instabile Sicherheitslage die Öl-Produktion immer wieder lahmlegen. Stromausfälle sind an Euphrat und Tigris mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme.
So fragt die Zeitung al-Mashriq: "Warum reden wir über Fortschritte in der Politik, wenn die Lebensqualität in allen Bereichen dramatisch sinkt?" Und bitter fügt der Autor hinzu: "Politik wird gemacht, um das Leben zu verbessern und nicht zu verschlechtern, aber im Irak wird diese Wahrheit derzeit auf den Kopf gestellt"
Lediglich die Zeitung al-Furat unterstützt den Prozess der Verfassungsbildung: "Die größte Gefahr für den Irak ist der Verlust seiner Einheit. Sogar der totale Zusammenbruch der Infrastruktur ist sekundär wenn es um die Einheit unseres Landes geht."
Gestern wurde die Frist zur Vorlage eines Verfassungsentwurf um eine Woche auf den 22.September verlängert. Uneinigkeit herrscht noch immer um den Status der kurdischen und schiitischen Provinzen die einen autonomen Status innerhalb der irakischen Föderation fordern.