08.08.2005
Irak: Talabani unter Druck


Bis zum 15. August, so verkündete Iraks Präsident Jalal Talabani gestern selbstbewusst, werde eine Lösung in der Verfassungsfrage erreicht werden. Nachdem heute ein Sandsturm die Verhandlungen zwischen den Führern der verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppierungen verzögerte, überschatteten auch noch Meldungen über blutige Proteste gegen fehlende Sicherheit und mangelnde Versorgung in der mehrheitlich schiitischen Stadt Samawa die Bemühungen Talabanis. Dazu kommen täglich neue Anschläge, die jegliche Anstrengungen zum Wiederaufbau des Landes untergraben.
Der frühere Anführer des kurdischen Widerstandes gegen das Baath-Regime steckt in mehrerer Hinsicht in der Klemme. Inhaltlich sieht er sich den Forderungen des schiitischen Bündnisses, das bei den Wahlen im Januar die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte, gegenüber. Die Schiiten im Süden streben den gleichen Autonomiestatus an, den die Kurden im Norden schon besitzen, inklusive Kontrolle über die lukrativen Öleinkünfte. Weiterhin strittig ist der Stellenwert, den die Scharia innerhalb der neuen Verfassung einnehmen soll. Der amerikanische Gesandte Zalmay Khalilzad stellte bereits vorab klar, dass "die irakische Verfassung allen Menschen, unabhängig von Rasse, Religion oder Geschlecht Gleichheit vor dem Gesetz garantieren muss." Die USA üben weiterhin Druck auf das Tempo der Verhandlungen selber aus, schließlich betrachten sie einen erfolgreichen Konsens als ersten Schritt eines geordneten Rückzugs zumindest eines Teils der immer noch über 140.000 Soldaten aus dem Irak. Präsident Talabani allerdings sieht sich deswegen von Seiten sunnitischer Politiker wie Aufständischer mit dem Vorwurf konfrontiert, die Verhandlungen seien komplett von Amerika diktiert. Talabani kontert derlei Anschuldigungen und betonte heute, dass "es keinen Druck seitens der USA gibt. Die Amerikaner versuchen lediglich Differenzen abzubauen."
Der Handlungsspielraum des Präsidenten ist also äußerst eingeschränkt, die Lage weiterhin gespannt. Es bleibt abzwarten, ob Talabani seine selbstgesetzte Frist einhalten kann.