Antisemitismus

Im Allgemeinen beschreibt der Begriff des Antisemitismus eine bestimmte Wahrnehmung und Vorstellung von Jüdinnen und Juden, die sich als Judenfeindlichkeit ausdrücken kann.  Diese äußert sich unter anderem in Diskriminierung und verbaler wie tätlicher Gewalt gegen Personen aufgrund ihres (zugeschriebenen) Jüdisch-Seins und/oder gegen jüdische Einrichtungen. Ähnlich wie Rassismus beruht Antisemitismus auf der Abgrenzung von Jüdinnen und Juden als homogene Gruppe („die Juden“) und als vermeintlich „andere“. Jüdinnen und Juden werden abgewertet – in Abgrenzung zur Norm und zu einer Eigengruppe. Anders als beim Rassismus geht Antisemitismus oft mit einer Machtzuschreibung einher, beispielsweise durch die antisemitische Vorstellung, Jüdinnen und Juden würden das Finanzsystem beherrschen, oder hätten besonders viel Einfluss in der Welt.

Gemeinsam ist oft eine binäre und unterkomplexe Weltsicht, in der „die Juden“ für verschiedenste Übel verantwortlich gemacht und bei der Strukturen personifiziert werden. Antisemitismus hat dabei unterschiedliche Formen, die sich je nach Kontext und Zeit veränderten. Der christliche Antisemitismus basiert beispielsweise auf einer religiösen Abwertung von Jüdinnen und Juden und religiös begründeten Vorurteilen. Der völkisch-rassistische Antisemitismus wiederum grenzt Jüdinnen und Juden als eine “andere” ethnische Gruppe ab. Sekundärer Antisemitismus wertet Jüdinnen und Juden aufgrund des Holocausts ab, leugnet oder relativiert diesen, oder gibt Jüdinnen und Juden in einer Täter:innen-Opfer-Umkehr die Schuld am Holocaust. Israelbezogener Antisemitismus beschreibt Antisemitismus, der sich in vermeintlicher, vorgeschobener Kritik an Israel äußert. Darüber hinaus gibt es weitere Einordnungen sowie Kritik und Diskussionen zu einzelnen Definitionen von Ausprägungen.

Antisemitismus basiert dabei zum einen auf einer Kontinuität, beispielsweise der mittelalterlichen Abwertung von Jüdinnen und Juden als „Wucherer“, die in der Vorstellung eines jüdischen Finanzkapitals weiterbesteht. Andererseits ändert sich die Ausprägung von Antisemitismus je nach gesellschaftlichem Kontext. 

Die Definition von Antisemitismus ist teils umstritten, insbesondere in der Frage von Antisemitismus in der Kritik am Staat Israel. Beispielsweise fasst die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) Kritik an Israel als antisemitisch auf, wenn diese den Staat Israel delegitimiert oder mit doppelten Standards misst. In den beigelegten Beispielen fokussiert sich die IHRA-Definition stark auf israelbezogenen Antisemitismus. In der Resolution zur BDS-Bewegung bezog sich der Deutsche Bundestag auf die IHRA-Definition. Die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus wurde 2021 als Antwort und Reflektion auf die IHRA-Definition veröffentlicht und von knapp 350 Wissenschaftler:innen unterzeichnet. Ihre Ausführungen konzentrieren sich ebenso auf die Frage nach israelbezogenem Antisemitismus und sie grenzen sich von der IHRA-Definition ab. Dabei plädieren die Verfasser:innen für eine sorgfältigere Unterscheidung in der Beurteilung von israelbezogenem Antisemitismus. Die Unterstützung der BDS-Bewegung ist ihrer Auffassung nach nicht per se antisemitisch, sondern sollte anhand weiterer Kriterien kontextualisiert beurteilt werden.

Teil der Debatte ist auch die Diskussion um die Positionierung von Jüdinnen und Juden. Diesbezüglich verweisen insbesondere jüdische Aktivist:innen auf ihre Erfahrungen, die ihnen in antirassistischen Kontexten aber oft abgesprochen werden, weil sie als weiß – und damit als Teil der Dominanzgesellschaft – gelesen und positioniert werden. 

Apartheid

Der Begriff „Apartheid“ beschreibt zum einen die staatlich organisierte Trennung und Ungleichbehandlung je nach ethnischer Zugehörigkeit in Südafrika und Südwestafrika im 20. Jahrhundert. Apartheid ist aber auch ein völkerrechtlicher Tatbestand, der unmenschliche Handlungen zur systematischen Unterdrückung einer ethnischen Gruppe durch eine andere als Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert.

Palästinenser:innen nutzen seit Jahrzehnten den Begriff, um auf die systematische Ungleichbehandlungen von Palästinenser:innen gegenüber Israelis aufmerksam zu machen. Kritiker:innen des Begriffs argumentieren, die Lage in Israel/Palästina sei nicht mit der in Südafrika vergleichbar. Befürworter:innen halten dagegen, dass der Begriff „Besatzung“ die andauernde und systematische Ungleichbehandlung ausblendet.

Eine internationale Rechtsprechung, die Israel als Apartheidstaat einordnet, gab es noch nicht. Jedoch benennen Berichte von renommierten Menschenrechtsorganisationen, inklusive Amnesty International und Human Rights Watch, seit Anfang 2022 die Situation in ganz Israel/Palästina als Apartheid. Kurz darauf schloss sich der UN-Sonderberichterstatter für die Lage der Menschenrechte in den 1967 besetzten palästinensischen Gebieten dieser Einschätzung an und nannte die Kontrolle Israels über die besetzten Gebiete Apartheid.

Kolonialismus

Der Begriff Kolonialismus oder Siedler-Kolonialismus beschreibt die Eroberung und Unterwerfung von Gebieten außerhalb des nationalstaatlichen Territoriums. Im Kontext Israel/Palästina wird der Begriff benutzt, um auf die systematische Vertreibung von Palästinenser:innen und die Ansiedlung von Jüdinnen und Juden aus anderen Orten und Ländern vor der Staatsgründung Israels 1948 und bis bis heute zu beschreiben. Der Begriff Siedler-Kolonialismus grenzt sich dabei von einem Kolonialismus ab, der lediglich auf die Kontrolle, Arbeitskraft oder Rohstoffe eines Gebietes abzielt, sondern das Gebiet besiedeln will.

Befürworter:innen des Begriffes argumentieren unter anderem, dass das Konzept „Siedler-Kolonialismus“ die Entwicklungen und Strategien einer Landeinnahme und Vertreibung der Palästinenser:innen am treffendsten beschreiben, während Besatzung oder Apartheid zwar zutreffend sind, aber die Tragweite der Machtdynamik nicht erkennen. Dabei verweisen sie häufig auf den russischen zionistischen Aktivisten Jabotinsky, der 1923 von der Notwendigkeit einer Kolonialisierung des historischen Palästinas sprach. Die Einordnung als „Siedler-Kolonialismus“ verschiebt außerdem den Fokus friedensbildender Maßnahmen weg von der Dominanz liberaler Ansätze hin zu dekolonialen Perspektiven.

Kritiker:innen verweisen dagegen darauf, dass es keinen Staat gibt, von dem aus eine Kolonialisierung erfolgt. Jüdinnen und Juden sind historischer Teil der indigenen Bevölkerung, womit sie weltweit ein Anrecht auf eine Rückkehr haben. Damit haben sie Anspruch auf einen eigenen Staat in diesem Gebiet, welcher ihnen durch den Vorwurf des Siedler-Kolonialismus abgesprochen wird.

Normalisierung

Im Kontext Israel/Palästina bezieht sich der Begriff Normalisierung meist darauf, dass Drittstaaten, die sich vorher gegen Israel positionierten beziehungsweise die Legitimität Israels nicht anerkannten, diplomatische oder wirtschaftliche Beziehungen zu Israel aufnehmen.

So nahm zum Beispiel die Türkei im Sommer 2022 mit einem Normalisierungsabkommen volle diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Die größte Normalisierungswelle der letzten Jahre fand 2020 statt, als Marokko, Sudan, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain im Rahmen der Abraham Abkommen ihre Beziehung zu Israel normalisierten. Alle vier Länder erhielten im Gegenzug Zugeständnisse durch die USA, die den sogenannten ‚Peace Deal oft the Century‘ unter Trump federführend leitete.

Dies bedeutet nicht, dass sich die öffentliche Meinung zu Israel in den normalisierenden Ländern ebenfalls verändert. Die Normalisierungsabkommen werden meist von Protesten und lauter Kritik im eigenen Land begleitet.