12.03.2009
Ägyptens Ultras im Visier von Medien und Staatssicherheit

Seit Jahrzehnten sind sie aus den Fankurven in Italien und Frankreich nicht mehr wegzudenken und auch in Deutschlands Fußballstadien sind sie mittlerweile tonangebend: "Ultras" - Fußballfans, die ihren Verein besonders fanatisch unterstützen, u.a. mit Choreographien, bengalischen Feuern und einstudierten Dauergesängen. Daneben nehmen sie oftmals eine kritische Haltung gegenüber ihrer Vereinsführung ein.

Vor knapp zwei Jahren haben sich auch unter den Fans der beiden größten ägyptischen Vereine Zamalek und al-Ahly Kairo Ultragruppierungen gebildet. Seit Januar sind nun die "Ultras Ahlawy" ins Visier der Staatssicherheit und der Medien geraten. Jetzt wollen sie sich gerichtlich dagegen wehren und haben Anzeige gegen einen ägyptischen Fernsehmoderator eingereicht, von dem sie sich beleidigt und bedroht fühlen.


Anfang Januar musste al-Ahlys Auswärtsspiel in Ismailia mehrfach unterbrochen werden, da von den Zuschauern immer wieder Leuchtraketen aufs Spielfeld gefeuert wurden. Mehrere Personen wurden festgenommen.

Besondere Aufmerksamkeit erlangten die Ereignisse durch Ahmed Shobeir. Shobeir war selbst lange Jahre Torwart bei al-Ahly Kairo, stand für sein Nationalteam bei der WM 1990 zwischen den Pfosten und ist heute Parlamentsabgeordneter für die regierende Nationaldemokratische Partei. Nebenbei moderiert er auf dem TV-Kanal "al-Hayat" die bekannte Fernsehsendung "Fußball mit Shobeir".

In seiner TV-Show am 9. Januar machte Shobeir die Ultras Ahlawy für die Ausschreitungen in Ismailia verantwortlich. Ihre Mitglieder seien Homosexuelle, Drogenabhängige und vom Islam abgefallen, erklärte der ehemalige Nationaltorwart. Der Fußballverband solle "mit eiserner Faust" gegen die Fans vorgehen, forderte Shobeir.

Parallel dazu ging die Staatssicherheit vor dem Stadtderby zwischen Ahly und Zamalek Kairo massiv gegen die Ultras Ahlawy vor. Ihre Treffpunkte wurden gestürmt, etwa 100 Fans festgenommen und erst nach dem Spiel wieder freigelassen. Das Spiel selbst fand und großen Sicherheitsvorkehrungen statt.

In den Wochen danach schaukelte sich die Auseinandersetzung zwischen Ultras und Shobeir weiter hoch. Die Fans beschuldigten den Politiker er selbst habe ihre Gruppe in der Vergangenheit dafür bezahlt andere Leute mit ihren Gesängen anzugreifen. Shubeir legte mit weiteren Anschuldigungen nach und warf den Ultras vor, sie wollten versuchen Ägyptens Qualifikation für die Fußball-WM 2010 zu verhindern.

In der letzten Woche reagierten die Ultras Ahlawy mit einem offiziellen Schreiben an den Innenminister und den Parlamentspräsidenten. Darin erklärten sie, die Ausschreitungen beim Spiel in Ismailia seien nicht von ihren Mitgliedern ausgegangen. Ihre Gruppe bestehe nicht aus Ganoven und Militanten. Sie verwiesen darauf, dass die Ahly-Fans im vergangenen Jahr vom afrikanischen Fußballverband als beste Fangruppe des Kontinents ausgezeichnet wurden. Außerdem haben sie Ahmed Shobeir wegen Beleidigung und übler Nachrede angezeigt und fordern die Aufhebung seiner Immunität. Anzeigen gegen die Chefs von Shobeirs TV-Sender al-Hayat werden derzeit noch geprüft.

Ägyptens Medien verfolgen die Entwicklungen ebenso aufmerksam wie voreingenommen. Dabei überrascht, dass in einer Gesellschaft die von religiösen Extremisten bedroht wird Fußballfans mit Nazis verglichen und als Gefahr für den ägyptischen Staat betrachtet werden.